Ein Richter verweigerte seine amtsärztliche Untersuchung zur Überprüfung seiner Dienstunfähigkeit.
Damit durfte der Dienstherr davon ausgehen, dass er dienstunfähig ist.
Das hat jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in seiner Entscheidung vom 24.04.2025, Az.: RiZ (R) 2/24 bestätigt.
Die Entscheidung ist für Beamtinnen und Beamte interessant.
Sie stellt nämlich auf Grundsätze ab, die für Beamtinnen und Beamte ebenfalls gelten.
I. Sachverhalt
Ein Amtsrichter führte Anhörungen von Patienten im Rahmen von Unterbringungs- und Fixierungsverfahren durch.
Bei den Anhörungen vielen anscheinend nicht nur die Patienten pathologisch auf, sondern auch der Richter .
Aus Sicht der Klinikleitung bestanden beim Richter deutliche Hinweise auf eine erhebliche Störung des Urteilsvermögens und der Einsichtsfähigkeit.
Sie schrieb daher den Dienstvorgesetzten des Richters mehrfach an.
Der nahm die Hinweise zum Anlass die Dienstfähigkeit des Richters überprüfen zu lassen.
Der Richter erhob gegen die Anordnung der Untersuchung Widerspruch.
Der Widerspruch wurde als unzulässig abgelehnt.
An der zwischenzeitlich angesetzten ärztlichen Untersuchung nahm der Richter nicht teil.
Darauf untersagte das zuständige Dienstgericht auf Antrag des Dienstherrn die vorläufige Führung der Dienstgeschäfte.
Die hiergegen durchgeführten Rechtsmittel des Richters blieben im Ergebnis erfolglos.
Anschließend wurde der Richter vom Dienstherrn zur beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand angehört.
Die Versetzung in den Ruhestand wurde anschließend beim zuständigen Dienstgericht beantragt.
An dieser Stelle ist darauf hinzuweisen, dass es sich dabei um eine Besonderheit bei Richtern handelt.
Bei Beamtinnen und Beamten ist kein Antrag bei einem Gericht zu stellen, damit sie in den Ruhestand versetzt werden können.
Das Dienstgericht hat in erster Instanz die Versetzung des Richters in den Ruhestand für zulässig erklärt.
In zweiter Instanz wurde die Entscheidung durch den Dienstgerichtshof bestätigt.
Der BGH hat die Entscheidung der ersten beiden Instanzen am Ende ebenfalls bestätigt
II. Anordnung der ärztlichen Untersuchung
Ein Außenstehender mag sich nun verwundert die Augen reiben und Fragen, ob ein Richter dessen Gesundheit nicht überprüft wurde in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit versetzt werden darf.
Schließlich hat doch keine ärztliche Untersuchung stattgefunden.
Darüber hinaus handelt es sich um einen Richter, die müssen doch besonders geschützt sein, wegen ihrer Unabhängigkeit.
Ich kann Sie beruhigen, es ging alles so vonstatten, wie es der Gesetzgeber festgelegt hat und wie die Regeln seit jeher Anwendung finden.
Daran ändert sich auch nichts, weil der Richter alle Instanzen durchlaufen hat und offensichtlich mit der Entscheidung nicht einverstanden gewesen war und wohl noch ist.
Dienstherren dürfen nämlich bei Zweifeln an der Dienstfähigkeit, amtsärztliche Untersuchungen anordnen.
In diesem Fall ergibt sich das aus § 36 Abs. 1 Satz Hessisches Beamtengesetz (HBG).
Diese Norm regelt weiter, dass wenn sich eine Beamtin oder ein Beamter ohne hinreichenden Grund der Verpflichtung, sich nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen oder beobachten zu lassen entzieht, so behandelt werden kann, wie wenn die Dienstunfähigkeit ärztlich festgestellt worden wäre, vgl. § 36 Abs. 1 Satz 2 HBG.
Betroffene Beamtinnen und Beamte haben also die Dienstpflicht an amtsärztlichen Untersuchungen teilzunehmen.
Nur wenn ein hinreichender Grund besteht, gilt diese Pflicht nicht.
Ob ein hinreichender Grund besteht oder nicht, entscheiden aber nicht die Betroffenen selbst.
Die Gründe sind dem Dienstherrn nachvollziehbar darzulegen.
Hält der Dienstherr an seiner Anordnung fest, sollte eine Beamtin oder ein Beamter an der Untersuchung teilnehmen.
Nur so kann er ausschließen, dass die Dienstunfähigkeit vermutet werden darf.
Im Zweifel sollten sich Beamte in diesem Moment anwaltlich beraten lassen und ihren konkreten Fall mit einem Experten für Beamtenrecht besprechen.
Im vorliegenden Fall hat der Richter keine hinreichende Gründe vorgetragen und auch nicht glaubhaft gemacht, dass keine Zweifel an seiner Dienstfähigkeit bestehen.
Das ist beeindruckend.
Denn eigentlich hätte der Richter die einschlägigen Vorschriften kennen, verstehen und anwenden können.
III. Feststellung der Dienstunfähigkeit
Da der Richter die Zweifel an seiner Dienstfähigkeit nicht ausräumen konnte und an der angeordneten amtsärztlichen Untersuchung nicht teilgenommen hatte, durfte er so behandelt werden, wie wenn die Dienstunfähigkeit ärztlich festgestellt worden wäre.
IV. Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit
Wurde die Dienstunfähigkeit festgestellt, kann der Dienstherr ein Verfahren zur Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit einleiten.
Dann ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob eine anderweitige Verwendung oder eine Teildienstfähigkeit besteht.
Eine anderweitige Verwendung des Richters nach § 71 DRiG, § 26 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG ist nach der Auffassung des BGH nicht in Betracht gekommen.
Damit reiht er sich in die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte ein.
Aufgrund der Weigerung des Richters, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, habe der Dienstherr auf dessen Dienstunfähigkeit dürfen.
In Ermangelung medizinischer Feststellungen sei von einem nicht vorhandenen Restleistungsvermögen und damit von einer generellen Dienstunfähigkeit auszugehen gewesen.
Die Pflicht des Dienstherrn zur Suche nach einer anderweitigen Verwendbarkeit sei damit entfallen.
Damit bestand zugleich auch keine Teildienstfähigkeit mehr, auch wenn das im Urteil des BGH so explizit nicht ausgeführt wird.
Der BGH sah die Versetzung des Richters in den Ruhestand schließlich auch nicht als unverhältnismäßig an.
Dem Dienstherrn habe nach Prüfung des Gerichts keine milderen Mittel zur Verfügung gestanden.
V. Dienstunfähigkeit – Was ist bei Problemen zu tun?
Beamtinnen und Beamten deren Dienstfähigkeit überprüft wird oder die in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit versetzt werden sollen, müssen sich im Zweifel anwaltlich durch einen Experten im Beamtenrecht beraten lassen.
Es gibt einfach zu viele rechtliche Stricke, über die Betroffene fallen können.
Wird eine amtsärztliche Untersuchung angeordnet ist umstritten, ob ein Widerspruch möglich ist oder nicht.
In diesem Verfahren hat sich der BGH auf den derzeit in der Rechtsprechung geltenden Standpunkt gestellt, dass eine Untersuchungsanordnung als gemischt dienstlich-persönliche Weisung mangels unmittelbarer Außenwirkung kein Verwaltungsakt, sondern ein Realakt (BVerwG, Beschluss vom 14. März 2019, Az.: 2 VR 5/18, Rn. 20 m.w.N.) ist, so dass der Widerspruch des Richters auf seine Verpflichtung, sich einer Untersuchung zu unterziehen, ohne Einfluss war.
Das bedeutet aber nicht, dass Beamte es nicht mit einem Eilverfahren beim Verwaltungsgericht versuchen könnten.
Auch im Rahmen einer Anhörung zur Versetzung in den Ruhestand können Beamtinnen und Beamte noch eine Menge zu ihren Gunsten bewegen.
Wird die Versetzung in den Ruhestand ausgesprochen, können Beamtinnen und Beamte Widerspruch bzw. Klage erheben und vielleicht parallel noch Eilverfahren durchführen.
Hier sind den einzelnen Fallgestaltungen keine Grenzen gesetzt und die Bedürfnisse der Betroffenen können unterschiedlicher nicht sein.
Manchmal ändern sich die Bedürfnisse der Betroffenen, sodass in der Verfahrensführung darauf zu reagieren ist.
Ich berate und vertrete Beamtinnen und Beamte in Verfahren zu Überprüfung der Dienstfähigkeit und in Verfahren zur Versetzung in den Ruhestand.
In einem Erstberatungsgespräch kann ich mit Ihnen die konkrete Fallgestaltung besprechen und mit Ihnen überlegen, wie Sie weiter vorgehen können.