Disziplinarverfahren machen Beamten Angst. Aber wovor eigentlich? Das erfahren Sie in diesem Beitrag.
Ein Disziplinarverfahren ist für Beamtinnen und Beamten keine schöne Sache.
Im Disziplinarverfahren werden Beamtinnen und Beamte mit einem (vermeintlichen) Fehlverhalten konfrontiert.
Sich selbst mit den Vorwürfen auseinanderzusetzen macht keinen Spaß.
Es fühlt sich vielmehr an, als würde man an den Pranger gestellt.
Dann kommt die lange Verfahrensdauer dazu und die Ungewissheit darüber, wie der Dienstherr reagieren wird.
Durch das Ermittlungsverfahren selbst wird die Sache auch nicht besser. Zum Beispiel dann, wenn direkte Kolleginnen und Kollegen zu den Vorwürfen befragt werden.
Durch den großen Aufwand der in den Disziplinarverfahren betrieben wird, kann ein (noch so kleiner) Vorwurf eine große psychische Belastung werden.
Beamtinnen und Beamte sollten daher in einem Disziplinarverfahren der Situation Herr und ihre Ängste los werden.
Mit einer eigenen Position und Haltung lässt sich ein Disziplinarverfahren am besten überstehen.
Deswegen ist es wichtig sich mit der Frage zu beschäftigen, was das „Ziel“ eines Disziplinarverfahrens ist.
Das „Ziel“ ist die Entscheidung darüber, ob eine oder ob keine Disziplinarmaßnahme erlassen wird.
Ist eine Disziplinarmaßnahme zu erlassen, ist es wichtig, dass sich Beamtinnen und Beamte darüber informieren, welche Maßnahmen es gibt.
Sie sollten dann auch überlegen, welche Maßnahmen – unterstellt die Vorwürfe würden stimmen – in Betracht kommen.
So trifft die Beamtinnen und Beamten am Ende eine Entscheidung nicht ganz so hart, da bereits eine eigene realistische Erwartungshaltung im Ermittlungsverfahren entwickelt wurde.
Die hier besprochenen Disziplinarmaßnahmen beziehen sich auf aktive Beamtinnen und Beamte.
Es gibt auch Disziplinarmaßnahmen für Ruhestandsbeamtinnen und -beamte. Die werden in einem eigenen Beitrag aufgegriffen.
1. Keine Disziplinarmaßnahme: Missbilligende Äußerungen
Es ist ein bisschen komisch, aber die Aufzählung der Disziplinarmaßnahmen beginnt damit, was KEINE Disziplinarmaßnahmen sind.
Das mache ich, weil es die Disziplinargesetze in § 6 Bundesdisziplinargesetz (BDG) und in den Landesdisziplinargesetzen (z.B. § 4 Hamburgisches Disziplinargesetz (HmbDG)) auch tun.
Missbilligende Äußerungen, die nicht ausdrücklich als Verweis bezeichnet werden, sind danach keine Disziplinarmaßnahmen.
Missbilligende Äußerungen können Zurechtweisungen, Belehrungen, tadelnde Hinweise, Ermahnungen, Vorhalte, Warnungen, Rügen und ernsthafte Missfallensbekundungen sowie dringliche Ersuchen sein.
Auch missbilligende Äußerungen sind für Beamtinnen und Beamte nicht schön.
Sie enthalten meist Vorwürfe, zu denen die Beamtin oder der Beamte eine andere Auffassung hat.
Gleichzeitig haben Beamtinnen und Beamte kein Ermittlungsverfahren gehabt, in dem der Sachverhalt noch einmal sauber geprüft wurde.
Das Missbrauchspotential durch Dienstvorgesetzte ist hier sehr hoch.
Dennoch haben missbilligende Äußerungen für Beamtinnen und Beamte den Vorteil, dass es sich eben nicht um eine Disziplinarmaßnahme handelt.
Missbilligende Äußerungen werden in der Regel zu den Personalakten genommen.
Das geschieht zum Beispiel dann, wenn ein Disziplinarverfahren mit einer schriftlichen Missbilligung endet.
Dadurch können sie bei einem gegebenenfalls späteren Disziplinarverfahren berücksichtigt werden.
Es kann daher in einigen Fällen sinnvoll sein, gegen eine missbilligende Äußerung vorzugehen.
Insbesondere dann, wenn der zugrunde gelegte Vorwurf nicht stimmt.
2. Disziplinarmaßnahmen: Verweis
Der Verweis ist eine „milde“ Disziplinarmaßnahme.
Der Verweis wird bei Dienstpflichtverletzungen gewählt, wenn zum Beispiel ein erstmaliger Verstoß vorliegt, der die Bagatellgrenze nur geringfügig überschreitet.
Der Verweis ist der ausdrücklich als Verweis bezeichnete Tadel eines als Dienstvergehen zu wertenden Verhaltens der Beamtin oder des Beamten, vgl. § 6 BDG und § 4 HmbDG.
3. Disziplinarmaßnahme: Geldbuße
Die Geldbuße wird in der Regel bei leichten und mittelschweren Dienstvergehen gewählt.
Die Geldbuße kann bis zur Höhe der monatlichen Dienst- oder Anwärterbezüge des Beamten auferlegt werden.
Hat der Beamte keine Dienst- oder Anwärterbezüge, darf die Geldbuße bis zu dem Betrag von 500 Euro auferlegt werden.
Die Geldbuße ist für Bundesbeamte in § 7 BDG geregelt, für Landesbeamte gelten die jeweiligen Bestimmungen der LDG (z.B. § 5 HmbDG).
4. Disziplinarmaßnahme: Kürzung von Dienstbezügen
Die Kürzung von Dienstbezügen wird bei mittleren bis schwereren Dienstvergehen gewählt.
Die Kürzung der Dienstbezüge ist die bruchteilmäßige Verminderung der monatlichen Dienstbezüge des Beamten um höchstens ein Fünftel auf längstens drei Jahre.
Die Maßnahme wird für Bundesbeamte in § 8 BDG und für Landesbeamte in den jeweiligen LDG (z.B. § 6 HmbDG) geregelt.
Bei der konkreten Ausgestaltung der Kürzung von Dienstbezügen unterscheiden sich die Disziplinargesetze. Die Maßnahmen können im Detail unterschiedlich ausfallen.
Über die Höhe und die Dauer der Kürzung der Dienstbezüge ist nach pflichtgemäßen Ermessen im Einzelfall unter Berücksichtigung der Schwere des Dienstvergehens zu berücksichtigen.
Dabei wird sich in der Praxis häufig an Regelsätzen orientiert, die durch das Bundesverwaltungsgericht entwickelt wurden.
Danach wird bei Beamtinnen und Beamten je nach Laufbahngruppe unterschieden:
– Beamte des einfachen Dienstes: 1/25
– Beamte des mittleren Dienstes: 1/20
– Beamte des gehobenen Dienstes: 1/10
– Beamte des höheren Dienstes: 1/10
Von diesen pauschalen Regelsätzen kann und wird immer wieder abgewichen. Sie liefern lediglich einen Orientierungswert.
Es besteht ein Beförderungsverbot. Solange Dienstbezüge von Beamtinnen und Beamten gekürzt werden, dürfen sie nicht befördert werden.
Der Zeitraum kann in der Entscheidung abgekürzt werden, sofern dies im Hinblick auf die Dauer des Disziplinarverfahrens angezeigt ist.
Der Kürzung von Dienstbezügen können Beamtinnen und Beamte nicht durch einen Dienstherrnwechsel entgehen. Die Rechtsfolgen der Kürzung der Dienstbezüge erstrecken sich auch auf ein neues Beamtenverhältnis.
5. Disziplinarmaßnahme: Zurückstufung
Bei einer Zurückstufung liegt in der Regel ein schweres Dienstvergehen vor.
Die Zurückstufung ist die Versetzung des Beamten in ein Amt derselben Laufbahn mit geringerem Endgrundgehalt.
Die Zurückstufung ist das Gegenteil einer Beförderung.
Der Beamte verliert alle Rechte aus seinem bisherigen Amt einschließlich der damit verbundenen Dienstbezüge und der Befugnis, die bisherige Amtsbezeichnung zu führen.
Soweit in der Entscheidung nichts anderes bestimmt ist, enden mit der Zurückstufung auch die Ehrenämter und die Nebentätigkeiten, die der Beamte im Zusammenhang mit dem bisherigen Amt oder auf Verlangen, Vorschlag oder Veranlassung seines Dienstvorgesetzten übernommen hat.
Die Dienstbezüge aus dem neuen Amt werden von dem Kalendermonat an gezahlt, der dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung folgt.
Auch bei der Zurückstufung besteht ein Beförderungsverbot.
Der Beamte darf frühestens fünf Jahre nach Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung befördert werden.
Der Zeitraum des Beförderungsverbots kann in der Entscheidung verkürzt werden, sofern dies im Hinblick auf die Dauer des Disziplinarverfahrens angezeigt ist.
Die Rechtsfolgen der Zurückstufung erstrecken sich auch auf ein neues Beamtenverhältnis bei einem anderen Dienstherrn (Dienstherrnwechsel). Hierbei steht die Einstellung oder Anstellung in einem höheren Amt als dem, in welches der Beamte zurückgestuft wurde, der Beförderung gleich.
Die Zurückstufung ist für Bundesbeamte in § 9 BDG geregelt, für Landesbeamte gelten die jeweiligen Bestimmungen der LDG (z.B. § 7 HmbDG).
Die Regelungen des Bundes- und des jeweiligen Landesrechts können sich im Detail unterscheiden.
Die Zurückstufung kann seit der Reform in 2024 durch eine Disziplinarverfügung erlassen werden.
Vor der Reform war bei den Verwaltungsgerichten durch den Dienstherrn eine Klage auf Zurückstufung des Beamten zu erheben.
Durch die Reform werden Beamte bei Entscheidungen, die den Beamtenstatus verändern, erheblich benachteiligt.
Jetzt müssen Beamtinnen und Beamte erst ein Widerspruchs- und/oder Klageverfahren durchführen, um sich gegen die Zurückstufung zu wehren.
6. Disziplinarmaßnahme: Entfernung aus dem Beamtenverhältnis
Mit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis endet das Dienstverhältnis.
Der Beamte verliert den Anspruch auf Dienstbezüge und Versorgung sowie die Befugnis, die Amtsbezeichnung und die im Zusammenhang mit dem Amt verliehenen Titel zu führen und die Dienstkleidung zu tragen.
Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis wird daher nur bei ganz schweren Dienstvergehen gewählt.
Die Zahlung der Dienstbezüge wird mit dem Ende des Kalendermonats eingestellt, in dem die Entscheidung unanfechtbar wird.
Der aus dem Beamtenverhältnis entfernte Beamte erhält in der Regel für die Dauer von sechs Monaten einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 50 Prozent der Dienstbezüge, die ihm bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung zustehen; eine Einbehaltung von Dienstbezügen bleibt unberücksichtigt.
Die Gewährung des Unterhaltsbeitrags kann in der Entscheidung über sechs Monate hinaus verlängert werden, soweit dies notwendig ist, um eine unbillige Härte zu vermeiden. Die betroffenen Beamten haben die Umstände glaubhaft zu machen.
Die Gewährung des Unterhaltsbeitrags kann ausgeschlossen werden, wenn der Beamte ihrer nicht würdig ist oder wenn die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zumindest auch auf der Verletzung der Pflicht des Beamten beruht, sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten, oder soweit der Beamte den erkennbaren Umständen nach nicht bedürftig ist.
Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis und ihre Rechtsfolgen erstrecken sich auf alle Ämter, die der Beamte bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung inne hat.
Wird ein Beamter, der früher in einem anderen Dienstverhältnis im Bundesdienst gestanden hat, aus dem Beamtenverhältnis entfernt, verliert er auch die Ansprüche aus dem früheren Dienstverhältnis, wenn diese Disziplinarmaßnahme wegen eines Dienstvergehens ausgesprochen wird, das in dem früheren Dienstverhältnis begangen wurde.
Ist ein Beamter aus dem Beamtenverhältnis entfernt worden, darf er nicht wieder zum Beamten ernannt werden; es soll auch kein anderes Beschäftigungsverhältnis begründet werden.
7. Disziplinarmaßnahme: Was tun bei Problemen?
Wenn gegen Sie als Beamtin oder Beamter ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden ist, ist das ein Moment, in dem Sie sich anwaltlichen Rat und eine Vertretung suchen sollten.
In Rücksprache mit einem Anwalt für Beamte können Sie eine sinnvolle Strategie entwickeln, mit der Sie sich im Ermittlungsverfahren verteidigen können.
Mit einer anwaltlichen Vertretung an Ihrer Seite wird die Angst von Beamtinnen und Beamten im Disziplinarverfahren versachlicht.
Das beruhigt und hilft im Ermittlungsverfahren sinnvolle Entscheidungen zu treffen.
Wird ein Dienstvergehen festgestellt und eine Disziplinarmaßnahme erlassen, können Sie dagegen Widerspruch und/oder Klage erheben.
Sie sind auch in diesen Momenten nicht schutzlos gestellt.
Als Anwalt für Beamtenrecht berate und vertrete ich deutschlandweit Beamtinnen und Beamte und insbesondere aus Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern.
Nehmen Sie gerne zur Vereinbarung eines Erstberatungsgesprächs mit mir Kontakt auf.