Der Bundestag hat 2023 beschlossen, dass Extremisten schneller aus dem öffentlichen Dienst entfernt werden können (sollen).
Damit geht seit dem 01.04.2023 für jede Bundesbeamtin und jeden Bundesbeamten erhebliche Nachteile einher.
Auf Landesebene hat das Bundesland Baden-Württemberg mit einer ähnlichen Reform vorgelegt.
Im Bundesland Brandburg hat ebenfalls eine Reform stattgefunden.
Im Bundesland Hamburg ist eine Reform des Disziplinarrechts mit der gleichen Zielsetzung im Gesetzgebungsprozess (Stand: Oktober 2024).
1. Entlassung von Bundesbeatmen – Was galt bisher?
Früher galt, dass wenn als Disziplinarmaßnahme eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis ausgesprochen werden sollte, eine Disziplinarklage erhoben werden musste.
Die Klage musste zum Ziel haben, dass das Verwaltungsgericht die Entfernung durch Urteil bestätigte.
Im Klageverfahren musste der Dienstherr darlegen und beweisen, dass ein Sachverhalt vorlag, dass die betroffene Beamtin oder der betroffene Beamte aus dem Dienst zu entfernen ist.
Das hatte nach meiner Meinung den positiven Effekt, dass der Dienstherr einer richterlichen Kontrolle unterlag.
So war für die schärfste Disziplinarmaßnahme das Beamtenverhältnis besonders gesichert.
Sofern sich Dienstherrn für die Begründung eines Beamtenverhältnis mit einer Beamtin oder einem Beamten entschieden, galt und gilt ein öffentlich-rechtliches Dienst- und Treueverhältnis.
Das begründete besondere Rechte und Pflichten.
Nicht nur des Beamten gegenüber dem Dienstherrn sondern auch umgekehrt.
Wenn Pflichten verletzt wurden, diente das Disziplinarrecht dazu, die Dienstpflichtverletzung zu sanktionieren.
2. Entlassung von Bundesbeamten – Was gilt jetzt?
Bei Bundesbeamtinnen und -beamten ist künftig keine Disziplinarklage mehr zu erheben.
Dienstherrn auf Bundesebene können künftig Bundesbeamtinnen und Bundebeamte durch Verwaltungsakt entfernen.
Das bedeutet, dass Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte nach der Durchführung eines Disziplinarverfahrens gegen den Verwaltungsakte ein Widerspruchsverfahren und/oder Klage durchführen müssen, wenn sie mit der Entscheidung nicht einverstanden sind.
3. Entlassung von Bundesbeamten – Was sind die Nachteile für Beamte?
In der Zeit, in der ein Widerspruchsverfahren oder Klageverfahren läuft, erhält die Bundesbeamtin oder der Bundesbeamte keine Besoldung (Gehalt) mehr, vgl. § 10 Bundesdisziplinargesetz (BDG).
Seine komplette wirtschaftliche Grundlage bricht zusammen. Erst mit Unanfechtbarkeit der Entscheidung erhält er unter Umständen einen Unterhaltsbeitrag.
Das stellt zugleich einen erheblichen Nachteil für die Möglichkeiten einer rechtlichen Verteidigung dar.
Der Gesetzgeber hat dafür gesorgt, dass Disziplinarsachen nach den gesetzlichen Gebühren so schlecht vergütet werden, dass Anwältinnen und Anwälte das Disziplinarrecht nur auf Honorarbasis bearbeiten können.
Nur wovon soll eine Beamtin oder ein Beamter seine Rechtsanwältin oder seinen Rechtsanwalt bezahlen, wenn die finanzielle Grundlage weggebrochen ist und die gesetzlichen Gebühren schlicht nicht zur angemessenen Verteidigung der Beamten taugen?
Entlassene Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte sollten daher schnell versuchen, sich auf dem Arbeitsmarkt nach passender Arbeit umzusehen. So können finanzielle Einbußen vermieden oder abgemildert werden.
Bei vielen Beamtinnen und Beamten dürfte eine weitere Verwendung auf dem Arbeitsmarkt sehr schwierig werden.
Nehmen wir zum Beispiel Polizistinnen und Polizisten, Lehrerinnen und Lehrer oder andere spezialisierte Beamtinnen und Beamte. Diese sind nach zum Teil seit mehreren Jahrzehnten im Dienst beruflich anderweitig nicht in gleichwertigen Positionen in einem Arbeitsverhältnis unterzubringen.
Auch die Familien können durch die Entlassung stark getroffen werden. Befinden sich zum Beispiel die Kinder noch in der Ausbildung und werden finanziell unterstützt, ist das vielleicht auch nicht mehr möglich.
Hinzu kommt, dass der Gesetzgeber die beabsichtigte Beschleunigung der Disziplinarverfahren verfehlt.
Ein Ermittlungsverfahren dauert gerne mal ein Jahr und länger. Ein Widerspruchsverfahren nimmt bei Dienstherrn gerne die gleiche Zeit in Anspruch. Sofern es zu einem Klageverfahren kommt, sind Termine zur mündlichen Hauptverhandlung nach meiner Erfahrung nicht vor Ablauf von vier Jahren zu erhalten.
Sie ahnen es, Betroffene müssen einen sehr langen Atem haben.
Den dürften die meisten nicht haben. Nicht nur nicht finanziell, sondern vor allem psychisch, da diese Verfahren sehr belastend sind.
Zwar gibt es auch die Möglichkeit beim Verwaltungsgericht ein Eilverfahren durchzuführen. Diese Verfahren laufen deutlich schneller. Die Gerichte prüfen in diesen Verfahren aber den Sachverhalt nur summarisch und treffen in der Regel dann keine vorläufige Entscheidung, wenn die sog. Vorwegnahme der Hauptsache stattfindet. Hier bleibt abzuwarten, wie die Gerichte Eilverfahren behandeln werden.
Die Verfahrensdauer verzögert sich häufig auch dadurch, dass den Dienstherrn die Expertise fehlt. Nicht selten sind Dienstvorgesetzte für das Disziplinarverfahren verantwortlich, die sich mit der Materie rechtlich nicht auskennen und durch den Dienstherrn und seiner Rechtsabteilung auch nicht sachdienlich betreut werden.
4. Entfernung von Beamten – Alles nicht so schlimm?
Jetzt werden Sie vielleicht einwenden, dass das alles nicht so schlimm ist. Schließlich will der Gesetzgeber doch Extremisten aus den Beamtenverhältnissen entfernen.
Die Bösen die hier adressiert werden sollen, darf es sicherlich hart treffen.
Das hat es in der Vergangenheit aber auch bereits getan.
Eine Reform war also gar nicht zwingend notwendig.
Nun werden Sie vielleicht einwenden, dass der Steuerzahler früher Bundesbeamtinnen und Beamte in dieser Zeit besoldet (bezahlt) hat.
Dazu kann ich nur sagen, dass es für diese Zeit möglich war die Bezüge deutlich zu kürzen. Die finanzielle Entlastung vom Steuerzahler kann damit bei einem richtig angewandten Disziplinarrecht nicht wirklich eine Rolle spielen.
Dazu wurden in der Vergangenheit so wenige Beamtinnen und Beamte im Jahr entlassen, dass es um die Frage des Geldes nicht wirklich gehen kann.
Dafür sind auch die Einschnitte in die Rechte des Beamten nach meiner Einschätzung schlicht zu hoch.
Ich kann die Reform nach Sinn und Zweck nicht nachvollziehen.
Denn sollten z.B. rechts-, wie linksextreme Parteien in Regierungsverantwortung kommen, ist es jetzt deutlich leichter, die damit einhergehende Personalverantwortung zu missbrauchen.
Dann könnten politisch unliebsame Beamtinnen und Beamte leichter entlassen werden. Diese müssten dann erstmal einen langatmigen Weg des Rechtsschutzes gehen.
Geschockt durch dieses Vorgehen könnten zudem andere Beamtinnen und Beamte dann aus Sorge über ihre finanzielle Versorgung eher geneigt sein, nicht mehr nach Recht und Gesetz zu arbeiten und vermeintliche Spielräume zu Lasten unserer Verfassung auszunutzen. Dadurch können (müssen aber nicht) Extremisten, die Regierungsverantwortung innehaben, den Staat leichter von innen aushöhlen.
Im Fall eines Rechtsmissbrauchs durch Dienstherrn im großen Stil, dürfte der Schaden für den Staat und der Vertrauensverlust in den Staat größer als der derzeit angestrebte Nutzen sein.
Sie merken, dass ich mit dieser Reform im bestehenden System der Rechtsschutzmöglichkeiten meine Schwierigkeiten habe.
Das reformierte Bundesdisziplinargesetz kann bei den anstehenden Bundestagswahlen 2025 zu leicht zu einer Art Boomerang für die Exekutive werden.
Nach den aktuellen Umfragen ist nicht ausgeschlossen, dass eine Partei mit in Regierungsverantwortung kommt, die vom Verfassungsschutz als sogenannter Verdachtsfall des Rechtsextremismus eingestuft wird.
Ich kann nicht nachvollziehen und verstehe nicht, warum dieser Punkt bei der Reform des BDG keine Rolle gespielt hat.
5. Entfernung von Beamten – Was tun bei Problemen?
Wenn Sie als Beamtin oder Beamtin in einem disziplinarrechtlichen Ermittlungsverfahren von einer Entfernung aus dem Dienst bedroht sind, wird es höchste Zeit, dass Sie sich anwaltlich beraten und vertreten lassen.
Sie können dann mit Ihrer Anwältin oder ihrem Anwalt für Beamtenrecht erörtern, ob und wie Ihre Verteidigung sinnvoll aufgebaut werden kann.
Als Anwalt für Beamte berate und vertrete ich insbesondere Beamtinnen und Beamte aus Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Eine Beratung und Vertretung ist grundsätzlich deutschlandweit möglich. Außerhalb der genannten Bundesländern macht es meiner Meinung nach Sinn, sich aber auch vor Ort nach Anwälten für Beamtenrecht umzusehen.