Ein Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 27.05.2025, Az. 12 Bf 48/25.F zeigt eindrücklich, welche weitreichenden Konsequenzen dienstliche und außerdienstliche Kommunikation für Beamte haben kann.
Das gilt insbesondere bei Verstößen gegen beamtenrechtliche Pflichten.
In dem Fall ging es um menschenverachtende und nationalsozialistisch konnotierte Inhalte in einer privaten WhatsApp-Gruppe eines Polizeibeamten.
Der Beschluss hat hohe Bedeutung, da er aufzeigt, wann und unter welchen Voraussetzungen eine Durchsuchung in einem Disziplinarverfahren rechtmäßig ist.
Für Beamtinnen und Beamte werden immer häufiger Chat-Verläufe zu beruflichen Gefahrenquellen.
Ein Grund mehr, sich mit dieser brisanten Entscheidung zu befassen.
I. Sachverhalt – was ist geschehen?
Ein Polizeihauptkommissar der Wasserschutzpolizei Hamburg war Mitglied einer vierköpfigen WhatsApp-Gruppe.
In dieser Gruppe tauschten sich die Mitglieder zwischen Juli 2019 und Oktober 2020 wiederholt über politische und gesellschaftliche Themen aus.
Im Rahmen eines anderen Ermittlungsverfahrens gegen ein anderes Gruppenmitglied wurde dessen Mobiltelefon durchsucht und dabei die Chat-Verläufe der Gruppe sichergestellt.
Die dort festgestellten Inhalte gaben Anlass zu disziplinarrechtlichen Ermittlungen gegen den unbetroffenen Beamten.
Der Dienstherr warf ihm vor, sich in diesen schätzt mehrfach fremdenfeindlich und rassistisch geäußert sowie Inhalte verbreitet zu haben, die eine Nähe zum Nationalsozialismus erkennen ließen.
Konkret wurde ihm unter anderem vorgehalten, ein Bild mit folgendem Text weitergeleitet zu haben:
»18-jährige vergewaltigt! Deutsche auf Mallorca festgenommen. Ihre altdeutschen Namen lauten Serhat K. (23), Azad K. (22), Yakub (21) und Baran (19).«
Auch wurde ihm vorgeworfen ein rassistisches Bild mit folgender Beschriftung weitergeleitet zu haben:
»Nicht verwechseln Rettich Rett ich nicht!«
Dabei stand das Wort »Rettich« über den linksseitig abgebildeten lettischen und die Worte »Rett ich nicht« über den rechtzeitig abgebildeten Personen.
Es gab noch weitere ähnlich gelagerte Chat-Nachrichten.
Der Dienstherr lies daraufhin über das Verwaltungsgericht eine Durchsuchung beim Beamten anordnen.
Gegen den Durchsuchungsbeschluss erhob der Beamte daraufhin Beschwerde.
Der Beamte begründete seine Beschwerde unter anderem mit dem intimen Vertrauensverhältnis, welches in der Chat-Gruppe bestanden habe.
Zudem sei er dienstlich bislang positiv bewertet worden.
Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat die Beschwerde des Beamten gegen die angeordnete Durchsuchung zurückgewiesen.
Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Durchsuchung rechtmäßig gewesen sei und der Verdacht auf ein schwerwiegendes Dienstvergehen durch die Chat-Verläufe belegt gewesen sei.
Die Maßnahme sei auch verhältnismäßig gewesen und das informationelle Selbstbestimmungsrecht sowie die Meinungsfreiheit sei nicht verletzt gewesen, da die Äußerung mit den beamtenrechtlichen Pflichten unvereinbar gewesen wäre.
II. Hausdurchsuchung bei Beamten
Die Rechtsgrundlagen für die Hausdurchsuchung bei Beamten finden sich in den jeweils einschlägigen Disziplinargesetzen des Bundes und der Länder wieder.
Im vorliegenden Fall stützte sich die Hausdurchsuchung auf § 29 Abs. 1 S. 2 HmbDG.
Danach wird – analog zur Strafprozessordnung – eine Durchsuchung zugelassen, wenn:
»der Beamte des ihm zur Last gelegten Dienstvergehens dringend verdächtigt ist und die Maßnahme zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht.«
Diese Voraussetzungen lagen im vorliegenden Fall vor.
Das Gericht gegen von Verstößen gegen die Verfassungstreuepflicht nach § 33 Abs. 1 S. 3 BeamtStG und der Wohlverhaltenspflicht nach § 34 Abs. 1 S. 3 BeamtStG aus.
Die Verfassungstreuepflicht nach § 33 Abs. 1 S. 1 BeamtStG fordert, dass Beamte sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen müssen.
Die Wohlverhaltenspflicht nach § 34 Abs. 1 S. 3 BeamtStG verlangt, dass das Verhalten von Beamten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die ihr Beruf erfordert.
Nach Auffassung des Gerichts war der Beamte dringend verdächtigt, durch menschenverachtende Inhalte gegen die Wohlverhaltenspflicht verstoßen zu haben.
Auch wenn nicht sicher gewesen sein soll, ob ein Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht vorlag, habe der dringende Verdacht eines schwerwiegenden Verstoßes zur Rechtfertigung der Durchsuchung ausgereicht.
III. Was können Beamte bei Hausdurchsuchungen tun?
Wenn sie als Beamtin oder Beamter mit dem Vorwurf eines Dienstvergehens konfrontiert werden kann das Disziplinarverfahren schwerwiegende Folgen haben.
Dazu gehören nicht nur die Disziplinarmaßnahmen, welche am Ende eines Verfahrens erlassen werden können.
Dazu gehören auch die Maßnahmen, die der Dienstherr ergreifen kann, um den Sachverhalt zum zur Last gelegten Dienstvergehens zu ermitteln.
Zu diesen Maßnahmen gehört auch die Möglichkeit einer Hausdurchsuchung.
Die Hausdurchsuchung ist in den vergangenen Jahren in den Vordergrund bei Disziplinarverfahren gerückt.
Hintergrund ist, dass bei den aktuellen Entscheidungen vor allem nach WhatsApp Chat Verläufen gesucht wurde und die Betroffenen gegen die Durchsuchung anführten, dass die Chat-Verläufe in einem geschützten privaten Intimbereich, also in einem besonders persönlichen und höchst vertrauensvollen Kreis erfolgt wären, in dem die Teilnehmer nicht mit Bekanntwerden ihrer Äußerungen rechnen mussten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 13.01.2022, Az. 2 BD 4.21, Rn. 48-53).
Ob Chat-Verläufe besonders geschützt sind, ist in jedem konkreten Einzelfall gesondert zu prüfen.
Wenn Sie eine Durchsuchung befürchten oder bereits eine solche Maßnahme gegen Sie durchgeführt wurde, handeln sie umgehend:
Machen sie von ihrem Recht zu schweigen Gebrauch.
Vermeiden sie eigenständige Aussagen oder Entschuldigungen ohne anwaltliche Beratung.
Lassen Sie die Rechtmäßigkeit der Maßnahme prüfen.
Erheben Sie bei Bedarf gegen den Durchsuchungsbeschluss eine Beschwerde.
Kontaktieren Sie umgehend einen spezialisierten Rechtsanwalt für Beamtenrecht.
In meinem Beitrag „Disziplinarrecht – 5 Tipps für Beamte“ erfahren Sie noch mehr dazu.
Ich bin als Fachanwalt für Verwaltungsrecht auf das Beamtenrecht spezialisiert und verfüge über langjährige Erfahrungen in Disziplinarverfahren, insbesondere im Umgang mit dienstrechtlichen Ermittlungen, Durchsuchungen und drohenden disziplinarischen Sanktionen.
In einem Erstberatungsgespräch können wir die Sach- und Rechtslage besprechen und das weitere sinnvolle Vorgehen planen.