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Vorsicht Dienstpflicht­verletzung! – Rede in Uniform als Beamtin oder Beamter

Wer seine Dienstuniform außerhalb des Dienstes trägt kann Fehler machen. Aus Fehlern kann man lernen. Nicht nur aus den eigenen, sondern auch aus denen anderer. Mir ist es wichtig Ihnen an dieser Stelle klarzumachen, dass es dabei nicht um Schadenfreude geht. Mir geht es darum die Probleme im Beamtenrecht zu reflektieren und Ihnen als Beamtin oder Beamter zu helfen, Probleme zu vermeiden.

Vor diesem Hintergrund ist der Auftritt und die Rede von Claudia Pechstein am 18.06.2023 auf dem CDU-Grundsatzkonvent von besonderem Interesse. Lassen Sie uns im Folgenden gemeinsam den Auftritt Revue passieren und überlegen, was andere Beamtinnen und Beamte davon lernen können.

Dienstpflichtverletzung: Die Rede in Uniform

Claudia Pechstein hat am 18.06.2023 eine knapp siebenminütige Rede gehalten. Diese Rede hat sie in der Uniform der Bundespolizei gehalten. Anlass für die Rede war der CDU-Grundsatzkonvent. Die Rede hatte wohl zum Ziel, der CDU Anregungen mit auf den Weg zu geben. In der Rede selbst ging es zunächst um Sport. Anschließend äußerte sie sich dahingehend, dass das »traditionelle Familienbild« zu stärken sei, weil Kinder »Mama und Papa« sagen wollten. Dann sprach sie noch von abgelehnten Asylbewerbern, „Zigeunerschnitzeln“ und vom Gendern. Die Rede hat sie von Zetteln abgelesen. Der Text wurde radebrechend von ihr vorgetragen.

Die Rede wurde im Anschluss in den Medien sehr kritisch betrachtet. Sehr schnell wurde von der Bundespolizei mitgeteilt, dass eine dienstrechtliche Prüfung eingeleitet worden sei.

Mit dem Hinweis auf die dienstrechtliche Prüfung wird die Rede in Uniform auch für mich als Experte für Beamtenrecht interessant. Hierbei dürfte es sich entweder um Vorermittlungen zur Einleitung eines Disziplinarverfahrens oder bereits um die Einleitung eines Disziplinarverfahrens handeln. Zum Zeitpunkt, wo ich diesen Blogbeitrag geschrieben habe, konnte ich dazu keine Angaben finden.

Die beamtenrechtlichen Fragen, die sich nun stellen, sind:

Hat Claudia Pechstein mit ihrer Rede in Uniform am 18.06.2023 gegen Dienstpflichten verstoßen?

Was können Beamtinnen und Beamte tun, wenn Sie außerhalb des Dienstes in Uniform auftreten wollen?

Dienstpflichtverletzung: Dienstpflichten

Beamtinnen und Beamte stehen zu ihrem Dienstherrn in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (Beamtenverhältnis). Mit diesem Verhältnis gehen für die Beamtinnen und Beamte nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten einher. Diese Pflichten sind im Bundesbeamtengesetz (BBG) (für Bundesbeamte) sowie im Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) (u.a. Landesbeamte) geregelt.

In den Medien wurde im Anschluss an die Rede vor allem besprochen, ob Claudia Pechstein gegen Dienstvorschriften und gegen das Neutralitätsgebot verstoßen haben könnte.

Dienstpflichtverletzung: Dienstvorschriften

Wer gegen Dienstvorschriften verstößt, verletzt in erster Linie die Folgepflicht (§ 62 Abs. 1 S. 2 BBG). Zur Folgepflicht gehört in der Regel die Pflicht die Dienstvorschriften zu befolgen.

Für Beamtinnen und Beamte der Bundespolizei ist an dieser Stelle wahrscheinlich eine Polizeidienstvorschrift (PDV) maßgeblich. Hierbei handelt es sich um eine interne Vorschrift. Sie ist nicht veröffentlicht. Ob hier im konkreten Einzelfall Claudia Pechstein gegen eine PDV verstoßen haben könnte, kann nur spekuliert werden.

Für Sie als Beamtin oder Beamter ist es wichtig zu wissen, dass es Anordnungen, Richtlinien, Dienstvorschriften, Verwaltungsvorschriften geben kann, die Ihnen vorschreiben, wann Sie eine Uniform im Dienst oder außerhalb des Dienstes tragen dürfen.

Ich weise darauf hin, dass es für Uniformträger in Deutschland keine einheitlichen Regelungen gibt. Sie können sich von Dienstherrn zu Dienstherrn unterscheiden. Welche konkreten Regelungen für Sie als Beamtin oder Beamter gelten, können Sie bei Ihrem Dienstherrn nachfragen.

Dienstpflichtverletzung: Neutralitätsgebot

Claudia Pechstein wurde in Bezug auf ihre Rede in Uniform vom 18.06.2023 die Verletzung des Neutralitätsgebots bei politischen Aktivitäten außerhalb des Dienstes vorgeworfen.

Nach dem Wortlaut von § 60 Abs. 1 S. 1 BBG dienen Beamte dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Beamtinnen und Beamte haben bei politischer Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten ihres Amtes ergeben, § 60 Abs. 2 BBG.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht- und des Bundesverwaltungsgerichts sind Beamtinnen und Beamte berechtigt, sich politisch zu betätigen. Sie können sich dabei auf das Grundrecht der freien Meinungsäußerung berufen. Erfasst werden mündliche oder schriftliche Äußerungen aller Art, etwa in Vorträgen, bei Interviews in schriftstellerischer Tätigkeit, in Leserbriefen und Gesprächen, vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 2012 – 2 B 16/12 –, Rn. 9.

Dieser Freiheit wird durch die hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums Grenzen gesetzt.

Im außerdienstlichen Bereich hängt das erforderliche Maß der Mäßigung und Zurückhaltung davon ab, ob und inwieweit die politische Betätigung einen Bezug zur dienstlichen Stellung und zu den dienstlichen Aufgaben aufweist. Jedenfalls muss der Beamte auch außerhalb des Dienstes darauf bedacht sein, eine klare Trennung zwischen dem Amt und der Teilnahme am politischen Meinungskampf einzuhalten. Einschränkungen ergeben sich insbesondere für den Stil der politischen Betätigung und die Wortwahl politischer Meinungsäußerungen, vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 2012 – 2 B 16/12 –, Rn. 10.

Claudia Pechstein dürfte sich nach diesem Maßstab als Beamtin mit ihrer Rede in Uniform zumindest angreifbar gemacht haben. Nach ihrer Rede in Uniform ist meines Erachtens die dienstrechtliche Prüfung gerechtfertigt.

Ob und wie sie tatsächlich eine Dienstpflichtverletzung begangen haben könnte, hat am Ende der Dienstvorgesetzte zu entscheiden. Meine folgenden Überlegungen sind keine rechtsverbindlichen Einschätzungen. Dafür fehlen mir ausreichend Angaben zum Sachverhalt. Ich möchte Sie mit meinen Überlegungen aber sensibilisieren und zum selbstkritischen Denken anregen.

Claudia Pechstein ist bei der Bundespolizei im Spitzensport tätig. Insoweit ist sie sicherlich fachlich geeignet, ihre Expertise auf einer Veranstaltung einer Partei einzubringen.

Schon hier würde ich es zumindest nicht als erforderlich betrachten, dass Claudia Pechstein in der Uniform der Bundespolizei auftritt. Denn als prominente Vertreterin der Bundespolizei erweckt sie durch das Tragen der Uniform den Eindruck, die Bundespolizei würde die CDU bevorzugt behandeln und die übrigen Parteien nicht. Die Anregung den Breitensport zu fördern ist auch so pauschal und banal von ihr vorgetragen worden, dass es dafür nicht zwingend notwendig ist, diese in Uniform vorzutragen.

Grenzwertig wird ihre Rede spätestens in dem Moment, wo Sie sich zu Themen äußert, die keinen konkreten Bezug zu ihrer sportlichen Tätigkeit als Beamtin haben. Ihre kritisch zu betrachtenden Äußerungen zu abgelehnten Asylbewerbern mit dem Hinweis, sie stünde mit Bundespolizisten hierzu in Austausch, können den Eindruck erzeugen, dass sie an dieser Stelle ihrer Rede für die Bundespolizei insgesamt spricht. Dabei wird sie sich die Frage gefallen lassen müssen, warum der Ausschnitt des gesellschaftlichen Meinungsspektrums der ihrer rein privaten Ansicht entspricht, so pauschal in einer medial exponierten Situation in der Uniform der Bundespolizei vorgetragen werden muss. Als Anwalt für Beamtenrecht hätte ich ihr davon abgeraten.

Claudia Pechstein hat in ihrer Rede in Uniform auf einer Veranstaltung einer konservativen Partei das »traditionelle Familienbild« thematisiert und darauf verwiesen, dass nach einer Shell-Studie Kinder »Mama und Papa« sagen wollten. Dieses Thema steht zunächst nicht in einem Zusammenhang mit ihrer dienstlichen Tätigkeit. Durch das Tragen der Uniform wird jedoch der Eindruck erzeugt, dass sie sich in einem offiziellen Auftrag des Staates hierzu äußert und auch äußern darf. Dieser Eindruck wird nach meiner Auffassung auch nicht durch ihren Hinweis auf ihre eigene Meinung geschmälert. Denn wenn sie sich bloß privat hätte äußern wollen, hätte sie keine Uniform anziehen müssen. Nun ist durch ihre Rede der Eindruck entstanden, dass Menschen die auf eine Art und Weise leben, die nicht dem sogenannten »traditionellen Familienbild« entsprechen, von Beamtinnen und Beamten der Bundespolizei wohlmöglich kritisch betrachtet werden. Im schlimmsten Fall könnten nun Bürgerinnen und Bürger annehmen, dass insbesondere Menschen aus Regenbogenfamilien durch Bedienstete der Bundespolizei nachteilig behandelt werden, weil sie dem von Claudia Pechstein formulierten Familienbild nicht entsprechen. Noch schlimmer wäre es, wenn Bedienstete der Bundespolizei sich durch die Rede ermuntert fühlen, die Bürgerinnen und Bürger deswegen ungleich zu behandeln.

In der politischen Debatte ist vieles möglich. Auch der Hinweis, dass Claudia Pechstein es nicht für so wichtig hält, über die Verwendung der Begriffe »Zigeunerschnitzel« oder »deutscher Liederabend« oder das Gendern zu debattieren. Nur kommt hier wieder das Tragen der Uniform und die Frage ins Spiel, ob eine als in Uniform erkennbare Beamtin gesellschaftlich geführte Debatten öffentlich auf- und abwerten sollte, wenn es ein Neutralitätsgebot gibt.

Dienstpflichtverletzung: Was Sie als Beamtin oder Beamter beachten können

Wenn Sie nun als Beamtin oder Beamter auf die Idee kommen, eine politische Rede in Uniform ihres Dienstherrn außerhalb des Dienstes halten zu wollen, können Sie die folgenden Punkte beachten:

Überlegen Sie sich zunächst ganz genau, ob Sie die Rede zwingend in Uniform halten müssen.

Sie werden wahrscheinlich zu dem Ergebnis kommen, dass das nicht der Fall ist.

Also ziehen sie bei politischen Aktivitäten außerhalb des Dienstes am besten keine Uniform an.

Wenn Sie dieser Hinweis noch nicht überzeugt hat prüfen Sie ausführlich, welche Richtlinien, Verwaltungsvorschriften und Dienstvorschriften etc. für sie gelten. In der Regel dürften diese Vorschriften so schwammig formuliert sein, dass Sie beim bloßen Lesen des Wortlautes nicht zu einem eindeutigen Ergebnis kommen. Also sollten Sie auch in diesem Fall keine Uniform anziehen.

Nun kann es sein, dass sie immer noch der Auffassung sind, dass es sinnvoll ist eine Uniform anzuziehen. Dann empfehle ich Ihnen, mit ihrem Dienstvorgesetzten darüber zu sprechen. Ihr Dienstvorgesetzter dürfte sich sehr wahrscheinlich nicht annähernd so detailliert mit der Frage auseinandergesetzt haben wie sie. Er kann Ihnen sehr wahrscheinlich auf Anhieb keine rechtsverbindliche Auskunft geben, auf die sie sich guten Gewissens verlassen können. Nicht zuletzt wird er die Lage nicht abschließend einschätzen können, da er auch nicht wissen wird, welche Rede sie in Uniform halten wollen. Auch in diesem Fall macht es meines Erachtens Sinn, keine Uniform anzuziehen.

Sie entgegnen mir nun vielleicht, dass Sie die Rede die sie halten wollen, dem Dienstvorgesetzten zur Freigabe vorlegen könnten. Angenommen, Sie würden ihrem Dienstvorgesetzten das Redemanuskript von Claudia Pechstein vorlegen, so halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass Ihnen das Tragen der Uniform untersagt wird. Es macht also wirklich keinen Sinn, bei politischen Reden eine Dienstuniform als Beamtin oder Beamter anzuziehen.

Sicherlich macht es Sinn, zusätzlich auch den Personalrat zu fragen. Doch auch hier gilt das gleiche wie beim Dienstvorgesetzten. Hinzu kommt, dass nicht auszuschließen ist, dass er Ihnen eine fehlerhafte Auskunft erteilt und sie sich nicht rechtsverbindlich darauf berufen können.

Dienstpflichtverletzung: Was Sie bei Problemen tun können!

Wenn Sie nun doch eine Rede in Uniform gehalten haben und der Dienstherr leitet ein Disziplinarverfahren gegen Sie als Beamtin oder Beamter ein, dürfen Sie sich gerne an mich wenden.

Als Anwalt für Beamte im Beamtenrecht berate und vertrete ich Beamtinnen und Beamte in Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern sowie deutschlandweit.

In einem Erstberatungsgespräch können wir in Ruhe ihren konkreten Einzelfall besprechen und uns gemeinsam überlegen, wie in ihrer Situation sinnvoll weiter vorgegangen werden kann.

Nachtrag: Wie ist die Geschichte ausgegangen?

Wie die Geschichte ausgegangen ist erfahren, bespreche ich für Sie in diesem Beitrag. Soviel schon vorab dazu: Nach der Berichterstattung des Kölner Stadt-Anzeiger wurde ein Disziplinarverfahren gegen Claudia Pechstein durchgeführt und am Ende eine Disziplinarmaßnahme in Form einer Geldbuße in Höhe von 500,- EUR verhängt.

Dienstpflichtverletzung: Fazit

  • Beamtinnen und Beamte unterliegen Dienstpflichten
  • Zu den Dienstpflichten gehören die Folgepflicht und das Neutralitätsgebot
  • Dienstpflichten können in Dienstvorschriften und Dienstanweisungen konkretisiert werden
  • Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob Sie als Beamtin oder Beamter gegen eine Dienstpflicht verstoßen, informieren Sie sich bei Ihrem Dienstherrn
  • Lassen Sie sich durch einen Anwalt für Beamtenrecht beraten und vertreten, wenn Ihnen die Verletzung einer Dienstpflicht vorgeworfen wird.
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