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Disziplinarverfahren gegen Ruhestandsbeamte

2. August 2024

Gegen Pensionäre kann ein Disziplinarverfahren durchgeführt werden. Dieses Wissen ist grundsätzlich nicht neu, gerät aber immer wieder bei Pensionären (eigentlich als Ruhestandsbeamte bezeichnet) in Vergessenheit.

Anlass für mich, dieses Wissen in Erinnerung zu rufen, ist die sog. „Flugblatt-Affäre“ im Zusammenhang mit Hubert Aiwanger bayerischen Wirtschaftsminister.

I. Disziplinarverfahren gegen Ruhestandsbeamte – Beispiel

Die „Süddeutsche Zeitung“ und der „Spiegel“ berichteten im Zusammenhang mit der „Flugblatt-Affäre“, dass gegen einen ehemaligen Lehrer des bayerischen Wirtschaftsministers Aiwanger ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden ist.

Dem ehemaligen Lehrer soll durch den Dienstherrn in dem Disziplinarverfahren vorgeworfen werden, dass er ein Flugblatt aus der Zeit des bayerischen Wirtschaftsministers als Schüler an die Presse weitergeleitet haben soll.

Der Inhalt des Flugblatts ist antisemitisch und menschenverachtend.

In der Affäre wurde vermutet, dass der Minister das Flugblatt selbst geschrieben habe. Sein Bruder gab im Zuge der Affäre jedoch an, dass er das Flugblatt geschrieben habe.

Gegen den ehemalige Lehrer wurden nach dem Eingang von Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft ein Disziplinarverfahren durch den Dienstherrn eingeleitet.

Nach der Berichterstattung sind die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den ehemaligen Lehrer eingestellt worden.

Dem Ex-Lehrer habe die Weitergabe des Flugblatts nicht nachgewiesen werden können.

Die „Süddeutsche Zeitung“ habe aus Gründen des Redaktionsgeheimnisses und des Quellenschutzes keine Angaben gemacht. Der ehemalige Lehrer habe die Aussage verweigert. Es sei zudem möglich, dass die „Süddeutsche Zeitung“ aus einer Schülerarbeit von dem Pamphlet erfahren habe.

Nach alledem bleibt der für uns hier relevante Stoff übrig. Das Disziplinarverfahren gegen den pensionierten Lehrer.

Im Disziplinarverfahren soll geprüft werden, ob der Lehrer im Ruhestand gegen die Verschwiegenheitspflicht verstoßen und damit ein Dienstvergehen begangen haben könnte.

Bei der Verschwiegenheitspflicht handelt es sich um eine Dienstpflicht, die auch für Beamte im Ruhestand gilt.

II. Disziplinarverfahren gegen Ruhestandsbeamte – Dienstvergehen

Von dem Beispiel können wir lernen, dass Disziplinarverfahren gegen Ruhestandsbeamte möglich sind.

Wir können dem Beispiel auch lernen, dass für Ruhestandsbeamte unterschiedliche Pflichten gelten können, wie zum Beispiel die Verschwiegenheitspflicht.

Steht der Vorwurf einer Pflichtverletzung im Raum, dient das Disziplinarverfahren dazu, den Vorwurf zu prüfen und am Ende ein Dienstvergehen zu ahnden, wenn eine Pflicht verletzt wurde.

III. Disziplinarverfahren gegen Ruhestandsbeamte – Disziplinarmaßnahmen

Dienstvergehen von Pensionärinnen und Pensionäre werden durch Disziplinarmaßnahmen geahndet.

Für Pensionäre sehen die Disziplinargesetze des Bundes und der Länder jeweils in der Regel zwei Disziplinarmaßnahmen vor.

Die Aberkennung des Ruhegehalts und die Kürzung des Ruhegehalts.

Abweichungen sind möglich, wie z.B. in Niedersächsischen Disziplinargesetz. Dort ist auch eine Zurückstufung für Ruhestandsbeamte möglich.

Disziplinarmaßnahme – Aberkennung des Ruhegehalts

Die stärkste Disziplinarmaßnahme ist die Aberkennung des Ruhegehalts.

Für Pensionärinnen und Pensionäre des Bundes ist diese Disziplinarmaßnahme in § 12 Bundesdisziplinargesetz (BDG) geregelt.

Für Pensionärinnen und Pensionäre der Länder ist die Maßnahme entsprechend in den Landesdisziplinargesetzen geregelt. Für das Land Hamburg ist das zum Beispiel § 9 Hamburgisches Disziplinargesetz (HmbDG).

Diese Maßnahme setzt ein so schweres Dienstvergehen voraus, dass bei einem aktiven Beamten die Entlassung aus dem Dienst ausgesprochen werden würde.

Übrigens: Auch freiwillig aus dem Dienst ausgeschiedene Beamte, Richter und Soldaten, die einen Anspruch auf Altersgeld haben, können nach diesen Vorschriften ihre Altersgeld aberkannt bekommen.

Disziplinarmaßnahme – Kürzung des Ruhegehalts

Die Kürzung des Ruhegehalts ist die bruchteilmäßige Verminderung des monatlichen Ruhegehalts des Ruhestandsbeamten um höchstens ein Fünftel auf längstens drei Jahre.

Das Bundesdisziplinargesetz regelt diese Disziplinarmaßnahme in § 11 BDG für Ruhestandsbeamtinnen und -beamte des Bundes.

Für Ruhestandsbeamtinnen und -beamte der Länder gelten wiederum die jeweiligen Landesdisziplinargesetze, wie zum Beispiel in Hamburg § 9 HmbDG.

Diese Maßnahme setzt ein Dienstvergehen voraus, dass die Kürzung der Dienstbezüge oder die Zurückstufung bei einem aktiven Beamten zur Folge hätte.

Diese Maßnahmen werden in der Regel bei mittelschweren Dienstvergehen verhangen.

Diese Maßnahme kann auch gegenüber Personen getroffen werden, die einen Anspruch auf Altersgeld haben.

Disziplinarmaßnahme – Kein Verweis und keine Geldbuße

Wird der Ruhestandsbeamtin oder dem Ruhestandsbeamten ein Dienstvergehen zur Last gelegt, welches bei einem aktiven Beamten als Disziplinarmaßnahme einen Verweis oder eine Geldbuße zur Folge hätte, kann keine Disziplinarmaßnahme ausgesprochen werden.

Das Dienstvergehen bleibt dann sanktionslos.

Das folgt aus dem Gleichlauf der Disziplinarmaßnahmen für Ruhestandsbeamte mit denen für aktive Beamte und dem Fehlen einer Regelung für Ruhestandsbeamte, die einem Verweis oder Geldbuße entspricht.

Disziplinarverfahren gegen Ruhestandsbeamte – Was ist bei Problemen zu tun?

Wenn gegen Sie als Pensionärin oder Pensionär der Vorwurf eines Dienstvergehens erhoben und ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird, müssen Sie ein paar Dinge beachten.

Schweigen

Das wichtigste zuerst.

Sie sollten von Ihrem Recht zu Schweigen Gebrauch machen.

Viele Pensionärinnen und Pensionäre empfinden ein Disziplinarverfahren als existenzbedrohend und sind über die Vorwürfe empört.

Das führt nicht selten dazu, dass sich die Ruhestandsbeamtinnen und -beamte um Kopf und Kragen reden und die Situation verschlimmern.

Rechtsanwalt beauftragen

Sie sollten daher Ruhe bewahren, sich die Vorwürfe anhören bzw. durchlesen und sich eine anwaltliche Beratung und Vertretung suchen.

Mit mir als Experte im Beamtenrecht können Sie gerne ein Erstberatungsgespräch vereinbaren, um die Sach- und Rechtslage zu erörtern und das weitere Vorgehen zu besprechen.

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