Wer als als Polizeibeamter freundschaftliche Kontakte zu Straftätern pflegt, das auch nach außen deutlich macht und sogar die Zahlung von Geldstrafen für sie übernimmt, läuft Gefahr, dass der Dienstherr Zweifel an der charakterlichen Eignung für begründet hält.
Handelt es sich dann bei dem Beamten um einen Probezeitbeamten, kann ihm auf Grund der Zweifel die Bewährung im Probezeitverhältnis abgesprochen werden.
Bewährt sich ein Beamter auf Probe nicht, so kann er aus dem Dienst entlassen werden.
Was für Außenstehende absurd klingen mag, ist so geschehen und ergibt sich aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 05.11.2024 zum Az.: 6 A 1404/22 HGW.
Die Entscheidung soll hier nochmal Anlass geben, dass wir uns mit den Maßstäben für die Bewährung und die charakterlichen Eignung beschäftigen.
Im Anschluss gehe ich nochmal auf den Sachverhalt ein und überlege, wie sich der Polizist nach den Ausführungen des Gerichts hätte wohl verhalten müssen, um in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen werden zu können.
I. Beamter auf Probe – Beurteilung der Bewährung
Ob sich eine Beamtin oder ein Beamter auf Probe in seiner Probezeit bewährt, ist im Bundesbeamtengesetz (BBG) und im Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) geregelt.
In diesem Fall fan § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG Anwendung.
Beamtinnen auf Probe und Beamte auf Probe können danach entlassen werden, wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben.
Der § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG ist hier das Gegenstück zu § 10 Satz 1 BeamtStG.
Danach wird eine Beamtin auf Probe oder ein Beamter auf Probe nur dann in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit berufen, wenn sie oder er sich bewährt haben.
Der § 10 Satz 1 BeamtStG wird durch die Landesbeamtengesetze konkretisiert.
In diesem Fall durch § 19 Abs. 1 Satz 3 Beamtengesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern (Landesbeamtengesetz – LBG M-V).
Danach ist ein strenger Maßstab anzulegen.
Dieser strenge Maßstab ist von der Rechtsprechung entwickelt worden und wurde auch vom Verwaltungsgericht in diesem Fall zugrunde gelegt.
Der Beurteilung über die Bewährung des Beamten liegt danach die prognostische Einschätzung des Dienstherrn zugrunde, ob der Beamte den Anforderungen, welche mit der Wahrnehmung der Ämter seiner Laufbahn verbunden sind, voraussichtlich gerecht werden wird.
Maßgeblich sind hierfür die kumulativ geforderten Kriterien des Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz (GG), die Eignung, die Befähigung und die fachliche Leistung des Beamten.
Bereits ernstliche Zweifel des Dienstherrn am kumulativen Vorliegen dieser Kriterien vermögen die Nichtbewährung zu begründen.
Die Entscheidung des Dienstherrn wird dabei von den Gerichten nur eingeschränkt überprüft.
Infolge des prognostischen, wertenden Charakters der Beurteilung der Bewährung ist diese ausschließlich dem Dienstherren vorbehalten und der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht zugänglich.
Die Beurteilung des Dienstherrn ist gerichtlich nur daraufhin überprüfbar, ob Dienstherr den Begriff der Bewährung oder den ihm zukommendem Beurteilungsspielraum verkannt hat, insbesondere ob der Beurteilung ein unrichtiger Sachverhalt zugrunde gelegt wurde, allgemeine Wertmaßstäbe beachtet und sachfremde Erwägungen vermieden worden sind.
Entsprechend erfolgt die gerichtliche Überprüfung der behördlichen Entscheidung soweit es zu Ungunsten des Beamten auf Probe gehende Umstände betrifft, lediglich anhand jener Umstände die der Dienstherr im jeweiligen Verwaltungsverfahren selbst zum Gegenstand gemacht hat und gerade nicht anhand jeglicher etwaig zu Ungunsten des Beamten sprechender Umstände.
Der rechtlich interessierte Leser, der sich mit dem Prüfungsmaßstab vertiefend beschäftigen möchte, findet zum Prüfungsmaßstab der Bewährung im hier besprochenen Urteil weiterführende Nachweise und Belege in den Randnummern 47 und 48.
II. Beamter auf Probe – Charakterliche Eignung
Im hier besprochenen Fall stützte sich der Dienstherr auf die nach Art. 33 Abs. 2 GG fehlende Eignung.
Zur Eignung eines Beamten gehören die beiden Unterfälle gesundheitlichen Eignung und charakterlichen Eignung.
In diesem Fall ging es auf Grund des Kontakts zu Straftätern um das Fehlen der charakterlichen Eignung.
Die Beurteilung der charakterlichen Eignung erfolgt im speziellen dahin, inwieweit der Beamte den von ihm zu fordernden Anforderungen an Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung gerecht werden wird.
Berechtigte Zweifel an der Eignung können sich sowohl aus dem dienstlichen als auch dem außerdienstlichen Verhalten des Beamten ergeben.
Berechtigte Zweifel können sich dabei aus einer Gesamtschau der Verhaltensweisen des Beamten ergeben.
Aber Vorsicht!
Berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung können sich auch schon aus einem einzigen gravierenden Vorfall ergeben.
III. Beamter auf Probe – Kontakt zu Straftätern
Dem in diesem Fall entlassenen Beamten wurden nach dem Urteil insgesamt sieben Sachverhalte vom Dienstherrn vorgehalten.
Aus ihnen sollte sich die fehlende charakterliche Eignung des Polizeibeamten ergeben.
Von den sieben Sachverhalten hat das Gericht mindestens vier als ausreichend angesehen, um die fehlende charakterliche Eignung zu begründen.
Im ersten Sachverhalt hatte der Polizeibeamte bei einer Verfolgung einer Person diese zunächst eindeutig identifiziert, sich dann aber in den folgenden Tagen zunehmend unsicher gezeigt.
In Gesprächen mit Dienstvorgesetzten ließ sich die Unsicherheit aber nicht sachlich aufklären.
Ab diesem Moment war dann aus Sicht des Dienstherrn das Vertrauen der Dienstgruppe in den Dienstherrn nicht mehr gegeben.
Im zweiten Sachverhalt ging es um ein Bild auf Instagram.
Auf dem Bild war der Polizist mit drei anderen Personen abgebildet.
Von den drei Personen waren zwei sogenannte strafhervorgehobene Personen.
Die Gruppe posierte auf dem Bild Oberkörperfrei und demonstrierte so ihren Zusammenhalt.
Da Social-Media Beamtinnen und Beamten immer häufiger zum Verhängnis wird, empfehle ich Ihnen meinen Beitrag zur Distanzierungspflicht in Chatgruppen.
Kurze Zeit nach der Veröffentlichung des Bildes auf Instagramm wurde der Polizist im dritten Sachverhalt, als Fahrer eines Wagens bei einer polizeilichen Kontrolle angetroffen.
Auf seinem Beifahrersitz saß eine Person, gegen die ein Haftbefehl vorlag, welcher mit vierzig Tagen Ersatzfreiheitsstrafe oder sofortiger Zahlung von 1.275,- EUR zu vollstrecken war.
Der Polizist gab an, dass er von dem Haftbefehl nichts gewusst habe und zahlte für den Beifahrer den Betrag.
Der Dienstherr ging im Anschluss davon aus, dass der Polizist geltende Vorschriften nicht beachten würde und diese Verhaltensweisen auch in seinem privaten Umfeld nicht nur dulde, sondern passiv und aktiv für Fehlverhalten und strafbares Verhalten anderer einstehe.
Im vierten Sachverhalt war der Polizist selbst erneut in eine Polizeikontrolle geraten.
Diesmal war der Polizist Beifahrer.
Der Fahrer hatte das Fahrzeug zuvor mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit geführt und war betrunken (1,4 Promille Atemalkoholwert).
Der Polizist will die Alkoholisierung des Fahrers nicht bemerkt haben.
Das nahm ihm der Dienstherr nicht ab und verwies auf seine Ausbildung und Erfahrung.
Der Dienstherr gab an zu erwarten, dass er die Geschwindigkeitsüberschreitung nicht einfach toleriere, sondern so handeln würde, dass die Fahrt unterbunden würde.
IV. Beamter auf Probe – Entlassung
Der Dienstherr kam vor diesem Hintergrund zu der Bewertung, dass sich der Polizist nicht bewährt habe und erließ einen Entlassungsbescheid.
Gegen den Bescheid erhob der Polizist Widerspruch und nach Erlass des Widerspruchsbescheids Klage.
Das Verwaltungsgericht hat die Entlassung gründlich geprüft und die Entlassung auf der Grundlage der oben beschrieben Sachverhalte als rechtmäßig betrachtet.
V. Beamter auf Probe – Was kann ich bei Problemen tun?
Was hätte der Polizist tun können, um nicht entlassen zu werden?
Das ist schwer zu sagen.
Denn es kam bei dieser Entlassung auf die Gesamtschau der Sachverhalte an.
Aus dem hier besprochenen Urteil ergibt sich, dass mit dem Polizisten mehrere Gespräche geführt wurden, die den Dienstherrn in seiner Auffassung am Ende bestärkt haben.
Hier hätte der Polizist vielleicht Gelegenheit gehabt, sein Verhalten zu reflektieren und zu prüfen, ob er mit den vorgeworfenen Sachverhalten das Vertrauen in seine Person stärkt oder schwächt.
Dann hätte er im Ergebnis sein Verhalten gegenüber seinen „Freunden“ anpassen müssen.
Wem eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Prob droht, ist nicht schutzlos gestellt.
Das zeigt auch dieses Urteil, dass immerhin bei drei von sieben Sachverhalten dem Dienstherrn signalisiert, dass er von unzutreffenden Tatsachengrundlagen ausgegangen ist oder fehlerhafte Wertmaßstäbe angewandt hat.
Für Betroffene lohnt es sich also genau hinzusehen, welche Argumente der Dienstherr zur Begründung anführt und ob diese auch tragfähig sind.
Hierbei sollten sich Beamtinnen auf Probe und Beamte auf Probe anwaltlich unterstützen lassen.
Dabei sollten sie sich an einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht wenden, der sich auf die Materie des Beamtenrechts spezialisiert hat.
Hier lohnt sich einem ersten Schritt mit dem Anwalt für Beamte die Sach- und Rechtslage zu besprechen und zu prüfen, was als nächstes getan werden kann.
Ein Erstberatungsgespräch können Sie mit mir über meine Kontaktseite vereinbaren.