Ein Polizeibeamter auf Widerruf durfte aus dem Beamtenverhältnis entlassen werden, nachdem er sich im Dienst sexistisch und ausländerfeindlich verhielt.
Die Entscheidung des Dienstherrn wurde durch das Verwaltungsgericht Aachen mit Urteil vom 26.02.2025, Az.: 1 K 796/22 bestätigt.
I. Beamter auf Widerruf – Voraussetzung der Entlassung
Polizeibeamte auf Widerruf, auch Polizeianwärter genannt, können jederzeit entlassen werden, vgl. § 23 Abs. 4 Satz 1 BeamtStG.
Für die Entlassung ist ein sachlicher Grund ausreichend.
Ein sachlicher Grund kann sich aus der persönlichen Eignung des Beamten ergeben.
In diesem Fall ging es um die charakterliche Eignung.
Ob die charakterliche Eignung vorliegt oder nicht, hängt von der Einschätzung des Dienstherrn ab.
Entscheidend ist, inwieweit der Beamte der von ihm zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung gerecht werden wird (Prognose).
Dies erfordert eine wertende Würdigung aller Aspekte des Verhaltens des Beamten, die einen Rückschluss auf die für die charakterliche Eignung relevanten persönlichen Merkmale zulassen.
Die Zweifel können sich sowohl aus dem dienstlichen als auch aus dem außerdienstlichen Verhalten ergeben.
II. Beamter auf Widerruf – Sexistisches Verhalten
In diesem Fall wurde dem Polizeianwärter sein sexistisches Verhalten zum Verhängnis.
Als ein Dozent von seinen beiden Töchtern erzählte, hatte der Polizist ihn gefragt „sind die geil? kann ich Nummer haben?“
Dabei blieb es nicht.
Er handelte nach dem Prinzip „doppelt hält besser“.
Nach der Befragung von mehreren Kommilitoninnen und Kommilitonen als Zeugen im ebenfalls eingeleiteten Disziplinarverfahren bestätigte sich, dass sich der Polizeianwärter mehrfach mit herablassenden Kommentaren über Frauen geäußert hatte.
So hatte er zwei Kommilitoninnen nach einer Übung in der Männerumkleide gegenüber Kollegen als „feministische Fotzen“ bezeichnet.
Er selbst stufte das als Frustabbau ein, weil ihn die beiden Frauen bei der Übung durchgehend kritisiert hatten.
Interessant ist auch, dass der Polizeianwärter die Äußerung in einem „geschützten Bereich“ einer Männerumkleide getan haben will.
Das Gericht hielt dem entgegen, dass seine Äußerungen nicht tolerierbar oder schützenswert sind, auch wenn der Ton „unter Männern“ harscher sein sollte.
Sein Verhalten würde ein deutliches Bild über seine Einstellung gegenüber von Frauen abgegeben.
Dazu entstünden Zweifel an seiner Teamfähigkeit und Kommunikationsstärke.
Das seien wiederum unverzichtbare Eigenschaften, die unerlässlich für die Zusammenarbeit mit Kollegen und dem Kontakt mit Bürgern sind.
III. Beamter auf Widerruf – Ausländerfeindliche Haltung
Doch damit nicht genug.
Der Polizeianwärter äußerte sich darüber hinaus auch ausländerfeindlich in dem er unter anderem von „scheiß Ausländern“ und „Kanaken“ sprach.
Das ist besonders im Zusammenhang mit dem zu diesem Zeitpunkt behandelten Unterrichtsthema problematisch.
Im Unterricht wurde das Thema „Racial Profiling“ und Gewaltbereitschaft gegenüber Ausländern behandelt und die statistischen Besonderheiten und polizeiliches Vorgehen in diesen Fällen thematisiert.
Der Dienstherr und das Gericht hielten das im Hinblick auf die charakterliche Eignung höchst problematisch.
IV. Beamter auf Widerruf – weiterer Sachverhalt
Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts waren bereits das sexistische Verhalten und die ausländerfeindliche Haltung des Beamten auf Widerrufs ausreichend, um die charakterliche Nichteignung zu begründen.
Dem Gericht kam es nicht weiter darauf an, ob die weiteren Vorwürfe des Dienstherrn die Entlassung ebenfalls tragen würden.
Der Dienstherr hatte dem Polizeianwärter noch rücksichtsloses Fahrverhalten, offenkundiges Desinteresse an Lerninhalten und Waffenaffinität vorgeworfen.
Die Waffenaffinität wurde nach einer Hausdurchsuchung für den Beamten zum Problem.
In seinem Kinderzimmer (er wohnte wohl noch bei seinen Eltern) fand der Dienstherr zwei Magazine, zwei Magazine mit Munition im Halter, eine Pistole – P 30 mit Magazin im Holster, eine Pistole – V0764, eine Pistole – Pole.Craft im Holster, eine Pistole P 99, eine „Maschinenpistole“ Softair BEGADI Cal. 6 mm, 9 Patronen.
Das Führen der „MP“ Softair BEGAI Cal. 6mm sei, so führte der Dienstherr aus, gemäß § 42a Abs.1 Nr. 12 WaffG verboten.
Auch zum Umgang und Führen der P 30 Pistole, der Walther P99 und der Schreckschuss-/Reizstoff Pistole bedürfe es gem. § 2 Abs. 2 WaffG der Erlaubnis der zuständigen Behörde.
Auch wenn der Erwerb und Besitz der weiteren Waffen keiner Erlaubnis unterliegen würde, deute der umfangreiche Besitz diverser Schusswaffen inklusive dazugehöriger Munition in besonderem Maße auf eine stark ausgeprägte Affinität zu Schusswaffen hin, so der Dienstherr.
V. Was können Beamte auf Widerruf gegen eine Entlassung tun?
Gleich vorweg:
Die meisten Polizeianwärterinnen und Polizeianwärter sind nicht so, wie der hier entlassene Beamte.
Ganz im Gegenteil.
Aus dem Tatbestand des Urteils ergibt sich, dass sich die Kommilitoninnen und Kommilitonen an dem Verhalten des Kollegen so gestört haben, dass sie es dem Dienstherrn mitteilten.
So konnte der Dienstherr den Sachverhalt prüfen und ein ein Disziplinarverfahren einleiten.
Doch manchmal können auch Missverständnisse zu Problemen, ja gar zu Disziplinarverfahren führen.
Polizeianwärterinnen und Polizeianwärter sollten daher ihr eigenes Verhalten reflektieren und stetig verbessern.
Sie sollten einen respektvollen Umgang mit allen Kolleg*innen und Menschen pflegen.
Sie sollten lernen mit Kritik konstruktiv umzugehen.
Sollte eine Situation mit dem Dienstherrn aus dem Ruder laufen, kann es zu einem Disziplinarverfahren kommen.
Die Ermittlungen in diesem Verfahren können dazu führen, dass der Dienstherr eine Beamtin oder einen Beamten auf Widerruf entlässt.
Spätestens dann sollten Betroffene den Kontakt zu einem Anwalt für Beamtenrecht suchen und ein Erstberatungsgespräch vereinbaren.
In einem Erstberatungsgespräch kann die Sachlage besprochen und das weitere Vorgehen geplant werden.