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Problem Tattoos bei Beamtinnen und Beamten! – Einstellung eines tätowierten Bewerbers in den Polizeivollzugsdienst

Wer sich in den Polizeivollzugsdienst einstellen lassen möchte und ein Tattoo trägt, muss sich darauf einstellen, dass das Tattoo zu einem konkreten Problem bei der Einstellung als Beamtin oder Beamter werden kann.

Die Polizeibehörden in Deutschland erteilen in der Regel in den Bewerbungsverfahren in ganz Deutschland Hinweise zu Körpermodifikationen wie zum Beispiel Tattoos, Piercings, Flesh-Tunnel, Implants, Brandings, Schmucknarben, etc.

In der Praxis führen dann Tattoos am häufigsten zu Problemen bei der Einstellung. Die Polizeibehörden lehnen dann die Einstellung in den Polizeivollzugdienst als Beamtin oder Beamten ab, wenn berechtigte Zweifel an der charakterlichen Eignung der Trägerin oder des Trägers vorliegen oder wenn das Tattoo beim Tragen der Uniform wahrgenommen werden kann.

Im Folgenden finden Sie anhand eines konkreten Falls Informationen zur Frage der charakterlichen Eignung.

„Loyalty“, „Honor“, „Respect“ und „Familiy“

Die aus den Worten „Loyalty“, „Honor“, „Respect“ und „Family“ bestehende Tätowierung in der Schriftart „Old English“ hatte ein Bewerber für die Einstellung in den Polizeivollzugsdienst auf dem Rücken (dort großflächig im Schulterbereich). Das war für den Dienstherrn im Bewerbungsverfahren Anlass, die charakterliche Eignung eines Bewerbers einer näheren Prüfung zu unterziehen.

Der Dienstherr und später auch die Gerichte (vgl. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 8. Dezember 2022 – 2 B 10974/22 –, juris) prüften die Wörter und das Schriftbild und stellten fest, dass die Tätowierung in Gestalt der konkret gewählten Schriftart „Old English“ Ähnlichkeiten etwa zu dem Schriftzug der verfassungsfeindlichen und seit längerem in Deutschland verbotenen Gruppierung „blood and honour“ aufwies.

Die Wortwahl „Loyalty“, „Honor“, „Respect“ und „Family“ – so das Gericht – würde zudem aber auch eine Entsprechung in Inhalten der ebenfalls zwischenzeitlich zerschlagenen rechtsextremistischen Gruppierung „Oldschool Society“ (OSS) finden, die sich auf ihrem früheren Facebook-Auftritt als eine „Verbindung gleichgesinnter Menschen“ beschrieb, die „die Werte Respekt, Loyalität, Ehre, Bruderschaft und Toleranz nicht nur als Floskel sehen, sondern diese Tugenden leben“. Diese Umstände ebenso wie auch die Kombination von gewählter Schriftart und Inhalt der Tätowierung würden nach Auffassung des Gerichts bereits Zweifel daran nähren, ob der Träger, der sich seine Tätowierung als plakative Meinungskundgabe zurechnen lassen muss, für die Werte, für die Polizeivollzugsbeamte stehen – insbesondere Wahrung der Freiheitsrechte der Bürger und Einhaltung rechtsstaatlicher Regeln – uneingeschränkt einsteht.

Die Gerichte in der ersten und zweiten Instanz berücksichtigten bei ihrer Prüfung, dass die Tätowierung des Bewerbers grundsätzlich einen mehrdeutigen Inhalt hatte und es nicht bei einer isolierten Betrachtung bleiben konnte. Sie führten daher eine Würdigung der Gesamtumstände durch und berücksichtigten dabei auch die abgegebene Erklärung des Bewerbers. In diesem Fall überzeugte die Erklärung des Bewerbers das Gericht nicht. Der hatte auf sein privates Interesse an der Geschichte des englischen Imperiums und seine englische Verwandtschaft verwiesen. Das Gericht bewertete diese Einlassung als konstruiert. Der Bewerber hätte dann bei der Ausgestaltung seiner Tätowierung nicht die amerikanische Schreibweise („honor“ statt „honour“) gewählt.

Im Ergebnis ließ das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in diesem Verfahren die Einstellung in das Beamtenverhältnis nicht zu.

Charakterliche Eignung einer Bewerberin oder eines Bewerbers in den Polizeivollzugsdienst

Soweit ein Beispiel zu Tätowierungen. Es gibt natürlich noch viel mehr Beispiele. Die werde ich in anderen Blogartikeln aufgreifen.

Das Tragen eines Tattoos wird im Rahmen der Einstellung bei der Frage nach der charakterlichen Eignung ein Problem.

Die Einschätzung über die persönliche Eignung eines Beamten ist dem Dienstherrn vorbehalten. Die Ermessensentscheidung des Dienstherrn ist ein Akt wertender Erkenntnis des für die Beurteilung der betreffenden Person zuständigen Amtswalters. Nach der Rechtsprechung genügen bereits berechtigte Zweifel, ob der Beamte die notwendige Eignung besitzt. Die durch den künftigen Dienstherrn vorzunehmende Bewertung der Eignung eines Bewerbers für das angestrebte Amt bezieht sich auf eine künftige Amtstätigkeit und umfasst eine vorausschauende Aussage darüber, ob der Betreffende die ihm im angestrebten Amt obliegenden beamtenrechtlichen Pflichten erfüllen wird (vgl. hierzu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 8. Dezember 2022 – 2 B 10974/22 –, juris, Rn. 12).

Für die charakterliche Eignung ist die prognostische Einschätzung entscheidend, inwieweit der Bewerber der von ihm zu fordernden Zuverlässigkeit und Fähigkeit zur Zusammenarbeit gerecht werden wird. Dies erfordert eine wertende Würdigung aller Aspekte des Verhaltens des Einstellungsbewerbers, die einen Rückschluss auf die für die charakterliche Eignung relevanten persönlichen Merkmale zulassen. Die Ablehnung der Einstellung setzt dabei nicht die Feststellung voraus, dass ein Bewerber ungeeignet ist. Es genügen bereits berechtigte Zweifel an seiner (charakterlichen) Eignung (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. November 1980 – 2 C 27.78 –, juris Rn. 40; HessVGH, Beschluss vom 21. August 2021 – 1 B 924/21 –, juris Rn. 32 m.w.N.).

Für die Einstellung in den Polizeidienst sind (besonders) hohe Anforderungen an die Gesetzestreue zu stellen, denn die Verhinderung und Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten gehört zu den Kernaufgaben des Polizeivollzugsdienstes.

Das Tragen einer Tätowierung steht der Einstellung eines Bewerbers entgegen, wenn und soweit die Tätowierung durch ihren Inhalt gegen (zukünftige) beamtenrechtliche Pflichten verstößt. Dabei ergibt sich der Pflichtverstoß allerdings nicht allein aus dem Tragen einer Tätowierung als solcher, sofern sich das Erscheinungsbild des Beamten im Rahmen der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen hält (vgl. § 34 Abs. 2 BeamtStG).

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten tangiert ist (vgl. § 34 Abs. 2 Satz 2 BeamtStG), ist auch der Aspekt der gegenwärtigen gesellschaftlichen Wahrnehmung von Tätowierungen einzustellen. Bei der Ermittlung des Rahmens des Üblichen hat sich der Dienstherr an den Anschauungen zu orientieren, die in der pluralistischen Gesellschaft herrschen; er darf sich einem Wandel dieser Anschauungen nicht verschließen. Daher kann er ein gesellschaftlich weitgehend akzeptiertes Aussehen nicht schon allein deshalb untersagen, weil er es ungeachtet der veränderten Verhältnisse weiterhin für unpassend, unästhetisch oder nicht schicklich hält. Vor diesem Hintergrund lässt sich allein aus dem Vorhandensein von Tätowierungen nicht auf die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Milieu schließen vgl. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 8. Dezember 2022 – 2 B 10974/22 –, juris, Rn. 15, mit weiteren Nachweisen).

Ein Verstoß gegen beamtenrechtliche Pflichten liegt allerdings zum einen dann vor, wenn sich aus dem Inhalt der Tätowierung eine Straftat ergibt, etwa nach § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB.

Ein Verstoß gegen die Verfassungstreuepflicht kann sich aber auch dann ergeben, wenn einzelne Tätowierungen für sich genommen weder strafrechtlich zu beanstanden sind noch einen unmittelbaren Bezug insbesondere zum Dritten Reich aufweisen. Soweit durch Tätowierungen die Verfassungstreuepflicht berührt ist, betrifft dies ein unmittelbar kraft gesetzlicher Anordnung und Verfassungsrecht geltendes Eignungsmerkmal, sodass es nicht von Belang ist, ob das Verbot entsprechender Tätowierungen durch eine wirksame (Verwaltungs-)Vorschrift konkretisiert worden ist (vgl. hierzu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 8. Dezember 2022 – 2 B 10974/22 –, juris, Rn. 16).

Aber auch unterhalb der Schwelle des sich unmittelbar aus einer Tätowierung ergebenden Verstoßes gegen Beamtenpflichten kommt in Betracht, dass die Einstellungsbehörde aus den bei einem Bewerber vorhandenen Tätowierungen Rückschlüsse auf dessen (charakterliche) Eignung für das angestrebte Amt zieht. So können Tätowierungen eine Einstellung offenbaren, die den prognostischen Rückschluss darauf zulässt, dass der Bewerber etwa seiner Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gemäß § 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG nicht gerecht würde (vgl. Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 8. Dezember 2022 – 2 B 10974/22 –, juris, Rn. 17).

Was Bewerber bei der Einstellung als Beamtin oder Beamter beachten können

Die gute Nachricht zuerst: Sie dürfen als Bewerber bei der Einstellung als Beamtin oder Beamter grundsätzlich ein Tattoo tragen. Problematisch kann es dann werden, wenn das Tattoo sichtbar ist und/oder ein Motiv gewählt wurde, dass Zweifel an der charakterlichen Eignung zulässt. In diesen Fällen wird der Dienstherr möglicherweise die Einstellung ablehnen. In diesen Situationen sind Sie als Bewerber bei der Einstellung als Beamtin oder Beamter nicht schutzlos gestellt. Sie können gegen die ablehnende Entscheidung einen Rechtsbehelf erheben. In diesen Fällen macht es dann Sinn sich anwaltlich durch einen Fachanwalt für Verwaltungsrecht der sich auf das Beamtenrecht spezialisiert hat, vertreten zu lassen. Sprechen Sie mich daher gerne an, wenn Sie anwaltlich beraten und/oder vertreten werden wollen.

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