Das Disziplinarrecht des Bundes und der Länder ist in seinen Grundzügen gleich.
In den Details können sich die Disziplinargesetze aber unterscheiden.
Ein solcher Unterschied dürfte insbesondere Beamtinnen und Beamte des Landes Hamburg freuen.
Denn die für sie geltende Besonderheit gibt es derzeit (dieser Beitrag richtet sich nach dem Stand: September 2024) nur im hamburgischen Disziplinarrecht.
Im Interesse der Beschleunigung und Effizienzsteigerung hat der hamburgisches Gesetzgeber ein abgekürztes Disziplinarverfahren geregelt.
Was die Voraussetzungen für ein abgekürztes Disziplinarverfahren sind, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Wenn Sie zusätzlich wissen möchten, wie Sie sich in einem Disziplinarverfahren verhalten sollten, empfehle ich Ihnen meine 5 Verhaltentipps zu beachten.
I. Abgekürztes Verfahren – Rechtsgrundlagen
Die Rechtsgrundlage für ein abgekürztes Disziplinarverfahren finden Sie in § 23a Hamburgisches Disziplinargesetz (HmbDG).
Danach kann ein Disziplinarverfahren mit Zustimmung der Beamtin oder des Beamten durch Zusammenfassung der einzelnen Verfahrensregelungen des § 23 Absätze 1 bis 9 HmbDG in einer als Belehrungsprotokoll zu bezeichnenden Verfügung abgekürzt werden, wenn feststeht, dass nach § 16 HmbDG oder § 17 HmbDG eine Disziplinarmaßnahme nicht ausgesprochen werden darf oder eine Disziplinarmaßnahme aus sonstigen Gründen unzulässig ist.
II. Abgekürztes Verfahren nach Straf- und Bußgeldsachen
Ein Disziplinarverfahren kann durch ein abgekürztes Verfahren geregelt werden, wenn die Voraussetzungen des § 16 HmbDG erfüllt sind.
Ist gegen eine Beamtin oder einen Beamten im Straf- oder Bußgeldverfahren unanfechtbar eine Strafe, Geldbuße oder Ordnungsmaßnahme verhängt oder kann eine Tat nach § 153 a Absatz 1 Satz 5 oder Absatz 2 Satz 2 der Strafprozessordnung (StPO) nach der Erfüllung von Auflagen und Weisungen nicht mehr als Vergehen verfolgt werden, darf nach § 16 Abs. 1 HmbDG wegen desselben Sachverhalts
- ein Verweis, eine Geldbuße oder eine Kürzung des Ruhegehalts nicht ausgesprochen werden,
- eine Kürzung der Dienstbezüge nur ausgesprochen werden, wenn dies zusätzlich erforderlich ist, um die Beamtin oder den Beamten zur Erfüllung ihrer oder seiner Pflichten anzuhalten.
Weitere Hinweise zu § 16 HmbDG werden in einem gesonderten Beitrag behandelt werden.
III. Abgekürztes Verfahren nach Zeitablauf
Ein Disziplinarverfahren kann auch durch ein abgekürztes Verfahren geregelt werden, wenn die Voraussetzungen des § 17 HmbDG erfüllt sind.
Sind seit der Vollendung eines Dienstvergehens mehr als zwei Jahre vergangen, darf nach § 17 Abs. 1 HmbDG ein Verweis und eine Geldbuße nicht mehr ausgesprochen werden.
Sind seit der Vollendung eines Dienstvergehens mehr als drei Jahre vergangen, darf eine Kürzung der Dienstbezüge oder eine Kürzung des Ruhegehalts nach § 17 Abs. 2 HmbDG nicht mehr ausgesprochen werden.
Sind seit der Vollendung eines Dienstvergehens mehr als sieben Jahre vergangen, darf nach § 17 Abs. 3 HmbDG auf Zurückstufung nicht mehr erkannt werden.
Die Fristen des § 17 HmbDG können in bestimmten Fällen unterbrochen und gehemmt werden.
Dann kann es sein, dass ein Dienstvergehen schön länger als die Jahresfristen zurückliegt, die Fristen aber noch nicht als abgelaufen gelten.
Weitere Hinweise zu § 17 HmbDG werden in einem gesonderten Beitrag behandelt werden.
IV. Abgekürztes Verfahren aus sonstigen Gründen
Was mit sonstigen Gründen gemeint ist, ergibt sich nicht aus dem Wortlaut des § 23a Abs. 1 HmbDG selbst, sondern aus der Systematik des Disziplinarrechts.
Danach kommt ein abgekürztes Verfahren zum Beispiel dann in Betracht, wenn es um Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamte geht.
Sie erhalten keine Disziplinarmaßnahme, wenn
- die Schwere des vorgeworfenen Dienstvergehens nicht für eine Kürzung des Ruhegehalts nach § 9 Abs. 1 HmbDG oder
- eine Aberkennung des Ruhegehalts nach § 9 Abs. 2 HmbDG nicht ausreicht.
V. Abgekürztes Verfahren: Zustimmung des Beamten
Damit ein abgekürztes Disziplinarverfahren durchgeführt werden kann, muss die Beamtin oder der Beamte zustimmen.
Die Zustimmung bedarf der Schriftform; sie ist unwiderruflich.
Stimmt die Beamtin oder der Beamte nicht zu, kann das abgekürzte Verfahren nicht durchgeführt werden.
Weigert sich die Beamtin oder Beamte eine Erklärung abzugeben, muss im jeweiligen Einzelfall geprüft werden, welche konkreten Auswirkungen das haben kann.
Sollten Sie als Beamtin oder Beamter der Freien und Hansestadt Hamburg sich nicht entscheiden können, wie Sie vorgehen möchten, empfehle ich Ihnen mit einem Experten im Beamtenrecht zu sprechen.
VI. Abgekürztes Verfahren: Verfahrensablauf
Beim Verfahrensablauf kann es unterschiede beim Vorgehen der hamburgischen Behörde geben.
Eine vollständige und abschließende Darstellung halte ich hier nicht für sinnvoll und ist mir auch nicht möglich.
Die folgenden Ausführungen sollen Ihnen lediglich einen groben Überblick geben
VI.1. Verfahrensablauf: Unterrichtung und Belehrung
Die Beamtin oder der Beamte ist über die Einleitung des Disziplinarverfahrens unverzüglich nach § 23 Abs. 5 HmbDG zu unterrichten, sobald dies ohne Gefährdung der Aufklärung des Sachverhalts möglich ist.
Hierbei ist ihr oder ihm zu eröffnen, welches Dienstvergehen ihr oder ihm zur Last gelegt wird.
Sie oder er ist gleichzeitig darauf hinzuweisen, dass es ihr oder ihm freisteht, sich mündlich oder schriftlich zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen und sich jederzeit einer oder eines Bevollmächtigten oder eines Beistands zu bedienen (sog. Belehrung).
VI.2. Verfahrensablauf: Anhörung
Für die Abgabe einer schriftlichen Äußerung wird der Beamtin oder dem Beamten nach § 23 Abs. 6 HmbDG (Stand: September 2024) eine Frist von einem Monat und für die Abgabe der Erklärung, sich mündlich äußern zu wollen, eine Frist von zwei Wochen gesetzt.
Hat die Beamtin oder der Beamte rechtzeitig erklärt, sich mündlich äußern zu wollen, ist die Anhörung innerhalb von drei Wochen nach Eingang der Erklärung durchzuführen.
Ist die Beamtin oder der Beamte aus zwingenden Gründen gehindert, eine Frist nach § 23 Abs. 6 Satz 1 HmbDG einzuhalten oder einer Ladung zur mündlichen Verhandlung Folge zu leisten, und hat sie oder er dies unverzüglich mitgeteilt, ist die maßgebliche Frist zu verlängern oder sie oder er erneut zu laden.
Die Fristsetzungen und Ladungen sind der Beamtin oder dem Beamten zuzustellen.
Auf die Anhörungsfristen des § 23 Absatz 6 Satz 1 kann einvernehmlich verzichtet werden.
VI.3. Verfahrensablauf: Keine Ermittlungen
Sofern die Beamtin oder der Beamte einem abgekürzten Disziplinarverfahren zugestimmt hat, sind keine weitere Ermittlungen mehr durchzuführen.
VII. Abgekürztes Verfahren: Belehrungsprotokoll
Das Belehrungsprotokoll ist schriftlich zu erlassen, zu begründen und zuzustellen.
Wird in den Gründen des Belehrungsprotokolls ein Dienstvergehen festgestellt oder offengelassen, ob ein Dienstvergehen vorliegt, kann die Beamtin oder der Beamte dagegen Widerspruch erheben und die Feststellung beantragen, dass kein Dienstvergehen vorliegt.
VIII. Abgekürztes Verfahren: Was ist bei Problemen zu tun?
Sofern Sie mit einem abgekürzten Disziplinarverfahren zu tun haben und unsicher sind, wie Sie sich als Beamtin oder Beamter verhalten sollen, empfehle ich Ihnen mit einem Anwalt für Beamtenrecht ein Erstberatungsgespräch zu führen.
Hierzu können Sie gerne mit mir Kontakt aufnehmen.
In einem Erstberatungsgespräch können wir dann gemeinsam besprechen, wie Sie mit der Situation umgehen können und welche Optionen Ihnen zur Verfügung stehen.