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Verweis wegen Dating-Profil – Verfassungsbeschwerde gescheitert

18. April 2025

Eine Soldatin hatte in ihrem Tinder-Profil folgenden Satz eingebaut:

„Z 45 Spontan, lustvoll, trans*, offene Beziehung und auf der Suche nach Sex. All genders welcome.“ (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2022 – 2 WRB 2.21 –).

Darauf erhielt sie in einem Disziplinarverfahren einen Verweis.

Hiergegen wehrte sich die Soldatin auch vor den Gerichten.

Im Ergebnis erfolglos.

Nun ist auch ihre Verfassungsbeschwerde gegen den Verweis und die Gerichtsentscheidungen abgelehnt worden, vgl. BVerfG, Beschluss vom 20.03.2025, – 2 BvR 110/23 –.

Leider, muss ich sagen.

In meinem Beitrag „Tinder, Bumble und Co. für Beamte – 5 Tipps, die Sie beachten sollten“ hatte ich bereits über das Verfahren berichtet.

In diesem Beitrag erfahren Sie, wie die Angelegenheit nun ausgegangen ist.

I. Verweis wegen Dating-Profil – Worum ging es?

Die Berufssoldatin im Dienstgrad eines Oberstleutnants war zwischenzeitlich Bataillonskommandeurin und Standortälteste mit Personalverantwortung für etwa 1.000 Personen.

Im Jahr 2019 legte sie ein Nutzerprofil auf der Dating-Plattform „Tinder“ an.

Neben einem Foto der Beschwerdeführerin enthielt das Profil den Text „Z. 45 Spontan, lustvoll, trans*, offene Beziehung und auf der Suche nach Sex. All genders welcome“.

Wegen des Profiltextes verhängte der Dienstvorgesetzte im August 2019 die Disziplinarmaßnahme eines Verweises gegen sie.

Der fachgerichtliche Rechtsschutz der Beschwerdeführerin ist erfolglos geblieben.

Mit ihrer im Oktober 2022 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügte die Soldatin nach der Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts im Wesentlichen die Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts in seiner Ausprägung als Recht auf sexuelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG sowie der Gleichheitsrechte aus Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 GG.

Das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung umfasse die Möglichkeit, sexuelle Kontakte zu suchen und hierbei ehrlich und nach eigener Vorstellung das eigene Begehren zu thematisieren.

Die angegriffene Disziplinarmaßnahme greife übermäßig in dieses Recht ein und komme einem Verbot der aktiven Nutzung von Dating-Portalen nahe, was für sie als pansexuelle trans Frau besonders schwer wiege.

Mit einem im November 2022 eingereichten Schriftsatz teilte sie dem Verfassungsgericht mit, dass der angegriffene Verweis getilgt worden sei.

Die Verfassungsbeschwerde bleibe ihrer Auffassung nach gleichwohl zulässig, weil eine Wiederholungsgefahr und ein Interesse an ihrer Rehabilitation bestünden.

II. Verweis wegen Dating-Profil – Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

Das Bundesverfassungsgericht hat die die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Der Soldatin sei es nicht gelungen, ein fortbestehendes Rechtsschutzbedürfnis fristgerecht darzulegen.

Ausführungen dazu seien nach Auffassung der Verfassungsrichter geboten gewesen, weil die angegriffene Disziplinarmaßnahme bereits vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde nach den einschlägigen Bestimmungen der Wehrdisziplinarordnung zu tilgen war.

Die Tilgung des Verweises habe zu einem umfassenden Verwertungsverbot geführt und die Erledigung des mit der Verfassungsbeschwerde verfolgten Begehrens nahegelegt.

Dennoch habe sich die Beschwerdeführerin binnen der Monatsfrist zur Erhebung und Begründung der Verfassungsbeschwerde nicht dazu verhalten und erst nach Fristablauf ergänzend vorgetragen, warum trotz Tilgung des Verweises ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe.

Die von der Soldatin beim Bundesverwaltungsgericht erhobene Anhörungsrüge habe die Verfassungsbeschwerdefrist nicht offenhalten können, weil sie offensichtlich aussichtslos war.

Denn das zur Begründung der Anhörungsrüge angeführte Vorbringen sei zur Darlegung einer Gehörsverletzung durch das Bundesverwaltungsgericht von vornherein erkennbar ungeeignet gewesen.

III. Verweis wegen Dating-Profil – Und jetzt?

Wir werden vom Bundesverfassungsgericht in diesem Fall nicht erfahren, ob der rechtlich und medial umstrittene Verweis verfassungsrechtlich zu beanstanden ist oder nicht.

Das bedaure ich sehr.

Es ist ärgerlich, dass aus Sicht der Verfassungsrichter die erhobene Verfassungsbeschwerde den Anforderungen an die Begründung nicht gerecht wurde.

Eine Entscheidung zu Gunsten der Soldatin hätte helfen können, dass die deutsche Rechtsprechung weniger prüde wird.

Dienstherrn hätte eine Grundlage für einen realitätsnahen sowie zeitgemäßen Umgang mit Sexualität geschaffen werden können.

Es bleibt zu hoffen, dass der mediale Wirbel sowie die Verarbeitung des Verfahrens in der Literatur bei Dienstherrn und Gerichten dazu führt, dass Thema rund um sexuelle Selbstbestimmung besser zu handhaben.

IV. Verweis wegen Dating-Profil – Was ist bei Problemen zu tun?

Rechtliche Auseinandersetzungen wie diese zeigen mir, dass das Beamtenrecht und das Soldatenrecht keine langweiligen Rechtsgebiete sind und relevante gesellschaftliche Debatten auslösen können.

Wer als Beamtin oder Beamter mit seinem Dating-Profil in Schwierigkeiten mit seinem Dienstherrn gerät, sollte dringend mit einem Anwalt für Beamte sprechen.

Hierzu sollten Sie in einem Erstberatungsgespräch die Sach- und Rechtslage besprechen und das weitere Vorgehen planen.

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