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Dienstunfall: Hautkrebs als Berufskrankheit

10. Mai 2024

Ein ehemaliger Polizist, der an Hautkrebs leidet, wollte seine Erkrankung als Berufskrankheit anerkennen lassen.

Während der 46-jährigen Dienstzeit hatte der Polizist nach eigenen Angaben, weit über die Hälfte der Zeit im Außendienst gearbeitet. Sowohl im Posten- und Streifendienst als auch bei der Kriminalpolizei.

Es war also nicht ganz abwegig, dass die den Polizisten behandelnde Ärztin eine Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit bei dem Polizeiärztlichen Dienst erstattete.

Das Verwaltungsgericht Aachen lehnte die Klage des Polizisten jedoch ab, vgl. VG Aachen, Urteil vom 15. April 2024 – 1 K 2399/23 –.

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, wann Hautkrebs als Berufskrankheit anerkannt werden kann und warum das in diesem Fall nicht anerkannt werden konnte.

Die Frage, ob Hautkrebs als Berufskrankheit anerkannt werden kann ist nicht nur für Polizistinnen und Polizisten, sondern auch für Feuerwehrleute und andere Beamtinnen und Beamte, insbesondere im Außendienst, wichtig.

1. Dienstunfall – Hautkrebs – Wofür ist die Anerkennung als Dienstunfall wichtig?

Ob ein Dienstunfall vorliegt ist ein großes Streitthema im Beamtenrecht.

Denn vom Vorliegen eines Dienstunfalles wird die Unfallfürsorge abhängig gemacht.

Unfallfürsorge zu erhalten, kann das Leben stark erleichtern.

Die Unfallfürsorge erfasst in der Regel die Einsatzversorgung, Erstattung von Sachschäden und besonderen Aufwendungen, Heilverfahren, Unfallausgleich, Unfallruhegehalt oder Unterhaltsbeitrag, Unfall-Hinterbliebenenversorgung, einmalige Unfallentschädigung sowie Schadensausgleich in besonderen Fällen.

Beamtinnen und Beamte, die sich mit einem Dienstherrn um das Vorliegen eines Dienstunfalles streiten, sollten sich von einem Anwalt für Beamtenrecht beraten und vertreten lassen.

Der Rechtsstreit kann nämlich für die Betroffenen sehr belastend sein und wer sich nicht anwaltlich beraten und vertreten lässt, läuft Gefahr Fehler zu machen.

2. Dienstunfall – Hautkrebs: Rechtsgrundlagen

Um verstehen zu können, ob Hautkrebs einen Dienstunfall darstellen kann oder nicht, ist es wichtig, sich mit den Rechtsgrundlagen vertraut zu machen.

Ausgangspunkt ist die Frage, ob ein Dienstunfall vorliegt.

Wann ein Dienstunfall vorliegt, wird in den Beamtenversorgungsgesetze geregelt.

Für Bundesbeamtinnen und Bundesbeamte ist § 31 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) die Rechtsgrundlage.

Für Landesbeamtinnen und Landesbeamte findet sich in der Regel eine gleichlautende Regelung in den Beamtenversorgungsgesetzen der Länder.

Für das Bundesland Hamburg wird zum Beispiel der Dienstunfall in § 34 Hamburgisches Beamtenversorgungsgesetz (HmbBeamtVG) geregelt.

Dienstunfall ist nach diesen Vorschriften ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist.

Wann genau ein Dienstunfall vorliegt, werde ich in einem eigenen Beitrag aufgreifen.

Wichtig ist zu wissen, dass nicht alle Dienstunfälle durch diese Definition sinnvoll erfasst werden.

Die Beweislage für Beamtinnen und Beamte ist schwierig und insbesondere Ort und Zeitpunkt der Erkrankung lassen sich nicht immer mit der erforderlichen Genauigkeit bestimmen lassen.

Auf der Grundlage dieser Formulierung wird sich häufig gestritten.

Der Gesetzgeber hat das Streitpotential erkannt und bestimmte Fälle einem Dienstunfall gleichgestellt. Hierzu gehören die Regelungen des § 31 Abs. 3 BeamtVG. Sie finden im Landesrecht entsprechende Vorschriften.

Danach galt in dem hier vorliegenden Fall:

Erkrankt ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten Krankheiten besonders ausgesetzt ist, an einer solchen Krankheit, so gilt dies nach § 36 Abs. 3 Satz 1 LBeamtVG (NRW) als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Gemäß § 36 Abs. 3 Satz 3 LBeamtVG (NRW) ergeben sich die in Betracht kommenden Krankheiten aus der Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 in der jeweils geltenden Fassung.

3. Dienstunfall – Hautkrebs: Berufskrankheiten-Verordnung (BKV)

Die Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) ist an Bedeutung nicht zu unterschätzen.

Ihre Anwendung kann zur Anerkennung eines Dienstunfalles führen.

Sie kann aber auch das Gegenteil bewirken.

Das Verwaltungsgericht hat in dem hier vorliegenden Fall geprüft, ob der Hautkrebs des Polizisten auf der Grundlage der Anlage 1 der BKV als Dienstunfall anerkannt werden kann.

3.1. Dienstunfall – Hautkrebs: Nr. 5102 der Anlage 1 der BKV

Nach Nr. 5102 der Anlage 1 der BKV stellen Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautveränderungen nur dann eine Berufskrankheit dar, wenn sie durch Ruß, Rohparaffin, Teer oder ähnliche Stoffe verursacht wurden.

Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass Hautkrebs nur dann eine Berufskrankheit im Sinne der BKV darstellt, wenn zusätzlich eine der in Nr. 5102 genannten Krankheitsursachen gegeben ist. Das würde sich aus dem Sinn und Zweck der Berufskrankheiten-Verordnung allgemein und hier speziell der Nr. 5102, ergeben. Dieser Sinn und Zweck würde darin bestehen, nur die gleichsam berufstypischen Erkrankungen zu erfassen, nicht aber jedwede Allgemeinerkrankung. Hautkrebs als solcher, würde aber eine Allgemeinerkrankung im vorgenannten Sinne darstellen. Denn eine Erkrankung an dieser Krankheit, könne auf unterschiedliche Ursachen zurückgeführt werden (insbesondere: genetische Faktoren, starke Belastung mit UV-Strahlung).

Dieser Hinweis des Gerichts bei der Anwendung der Nr. 5102 der Anlage 1 der BKV ist sehr wichtig.

Denn nach dem bloßen Wortlaut der Nr. 5102 der Anlage 1 der BKV, wäre auch eine andere Auslegung der Regelung möglich gewesen und es ist nicht per se ausgeschlossen, dass andere Gerichte bei der Auslegung der Vorschrift im jeweiligen Einzelfall zu anderen Ergebnissen kommen können.

Sie können sich sicherlich vorstellen, dass der Hautkrebs des Polizisten nicht durch Ruß, Rohparaffin, Teer oder ähnliche Stoffe verursacht worden ist. Gedanklich habe ich hier eher Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter vom Straßenbau vor meinem innerlichen Auge.

Hätte der Polizist in diesem Fall aber nachweisen können, dass bei seiner Arbeit Ruß, Rohparaffin, Teer oder ähnliche Stoffe relevant gewesen sind, hätte das Gericht vielleicht anders entschieden.

Im Zweifel sollten sich Betroffene daher durch einen Anwalt für Beamtenrecht beraten und/oder vertreten lassen und einen Rechtsstreit führen. Die Vorteile der Unfallfürsorge sind einfach zu groß, als dass sich Beamtinnen und Beamte durch die Dienstherrn wegmoderieren lassen sollten.

3.2. Dienstunfall – Hautkrebs: Nr. 5103 der Anlage 1 der BKV

Nach Nr. 5103 der Anlage 1 der BKV stellen Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung eine Berufskrankheit dar.

Hier hätte sich der Polizist zunächst freuen können.

Das Gericht stellte in der Urteilsbegründung fest, dass der Polizist mit seiner Erkrankung an Plattenepithelkarzinome die Voraussetzung der Nr. 5103 der Anlage 1 der BKV erfüllt.

Doch der Polizist konnte sich leider nicht freuen.

Das lag daran, dass er das Urteil weiterlesen musste, wie Sie jetzt diesen Beitrag.

4. Dienstunfall – Hautkrebs: Besondere Erkrankungsgefahr

Das Verwaltungsgericht verneinte nämlich das Vorliegen der besonderen Erkrankungsgefahr.

Der Wortlaut der des § 36 Abs. 3 Satz 1 LBeamtVG verlangt nämlich, dass der Beamte nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt ist. Das Erkrankungsrisiko des Beamten muss im entscheidenden Maße wesentlich höher sein als das der allgemeinen Bevölkerung.

Ein Beamter ist nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an einer bestimmten Krankheit „besonders ausgesetzt“, wenn die konkrete dienstliche Tätigkeit des Beamten ihrer Art nach erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit gerade dieser Erkrankung in sich birgt. Anhaltspunkte dafür bietet die aus einer Vielzahl von Fällen gewonnene Erfahrung, dass Beamte, die die fragliche Tätigkeit ausüben, unter den gegebenen Umständen dem besonderen Risiko ausgesetzt sind, sich eine bestimmte Krankheit zuzuziehen. Die besondere Gefährdung muss also unabhängig von der individuellen Veranlagung des einzelnen Beamten für die konkret auszuführenden dienstlichen Verrichtungen unter den gegebenen tatsächlichen Verhältnissen typisch und in erheblich höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung vorhanden sein. Die Feststellung der erhöhten Wahrscheinlichkeit setzt den Nachweis einer Vielzahl von Referenzfällen entsprechender Erkrankungen bei der jeweiligen beruflichen Tätigkeit voraus (vgl. VG Aachen, Urteil vom 15. April 2024 – 1 K 2399/23 – Rn. 27, zitiert nach juris).

Davon kann nach Auffassung des Gerichts, bei Polizeibeamten im Außendienst – in Uniform oder in Zivil – nicht die Rede sein. Anders als in einem ähnlichen durch das Landessozialgericht Niedersachsen entschiedene Fall eines Fährmanns auf dem Wasser, würden sich Polizisten im Außendienst in unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten und ermitteln nicht nur bei strahlendem Sonnenschein im Freibad oder am See bewegen. Zudem würde es keine Referenzfälle von Polizeibeamten geben, die aufgrund einer langjährigen Tätigkeit im Außendienst an Hautkrebs erkranken, obwohl das Thema Hautkrebs durch intensive UV-Strahlung seit Jahrzehnten in der Öffentlichkeit bekannt ist und entsprechend medial begleitet wird (vgl. VG Aachen, Urteil vom 15. April 2024 – 1 K 2399/23 – Rn. 29, zitiert nach juris).

Das Gericht wies in der Urteilsbegründung zudem darauf hin, dass es auch zum Allgemeinwissen gehöre, dass man sich vor zu viel Sonne schützen soll, so dass sich der Polizist nicht auf eine fehlende Information durch seinen Dienstherrn vor den Gefahren der UV-Strahlung oder das Unterbleiben der Zurverfügungstellung von Sonnenschutzcreme oder (bei Zivilbeamten) der Kopfbedeckung berufen könne. Eine Pflicht, vor Gefahren des Alltags zu warnen, würde sich dem besonderen Dienst- und Treuverhältnis nicht entnehmen lassen. Angesichts seiner Besoldung würde auch keine finanzielle Hürde bestanden haben, Sonnencreme aus eigenen Mitteln zu erwerben und zu gebrauchen sowie im zivilen Einsatz eine selbst erworbene Kopfbedeckung zu tragen (vgl. VG Aachen, Urteil vom 15. April 2024 – 1 K 2399/23 – Rn. 31, zitiert nach juris).

Das ist der Punkt im Urteil, wo man sich in Erinnerung rufen muss, dass sich das Gericht auf den Prüfungsmaßstab „Besondere Erkrankungsgefahr“ bezieht.

Das Gericht sagt hier nicht, dass es nicht für Dienstherrn sinnvoll sein kann vor den Gefahren der UV-Strahlung zu warnen und Informationen zum Schutz, vielleicht auch sachliche Mittel wie Sonnencreme und Hüte zur Verfügung zu stellen. Denn klar ist, jede Beamtin und jeder Beamte, der nicht an Hautkrebs erkrankt, belastet die Beihilfe und damit den Dienstherrn finanziell weniger.

5. Dienstunfall- Hautkrebs: Was tun bei Problemen?

Wenn Sie als Beamtin oder Beamter an Hautkrebs erkranken, ist es sinnvoll zu prüfen, ob ein Dienstunfall vorliegt.

Wenn das der Fall sein könnte, empfehle ich Ihnen, eine Dienstunfallanzeige zu stellen.

Nur so kann der Dienstherr prüfen, ob ein Dienstunfall vorliegt.

Dabei müssen Sie wissen, dass für die Anerkennung von Dienstunfällen Ausschlussfristen gelten.

Das bedeutet für Sie, dass Sie zeitnah eine Dienstunfallanzeige stellen sollten.

Sonst laufen Sie Gefahr, dass Ihnen keine Unfallfürsorge zugute kommt.

Sie können sich vorstellen, dass hier in der Praxis viel Raum für einen Rechtsstreit liegt. Dabei ist es wichtig, dass Sie sich, wenn Sie selbst von einem Dienstunfall betroffen sind, nicht vorschnell mit einer ablehnenden Haltung durch die Behörde zufriedengeben.

Bitte prüfen Sie die Argumentation des Dienstherrn genau.

Ziehen Sie im Zweifel anwaltlichen Rat hin zu.

Ich berate und vertrete als Anwalt für Beamtinnen und Beamte deutschlandweit Fälle im Beamtenrecht. Auf Grund der räumlichen Nähe vertrete ich besonders viele Mandanten in Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern.

Sprechen Sie mich bei Bedarf gerne an.

In einem ersten Schritt können wir dann in einem Erstberatungsgespräch die Sach- und Rechtslage erörtern und das weitere sinnvolle Vorgehen besprechen.

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