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Dienstunfall – Was ist das?

Was ist ein Dienstunfall?

Das Fragen sich viele Beamtinnen und Beamte, die sich im Zusammenhang mit dem Dienst verletzt haben und ihre Dienstunfallanzeige schreiben.

In diesem Beitrag erhalten Sie einen Überblick darüber, was ein Dienstunfall ist und was sonst noch bei Dienstunfällen aus rechtlicher Sicht zu beachten ist.

Dazu werden in diesem Beitrag weiterführende Beiträge verlinkt. Dort werden dann einzelne Punkte gezielt mit Hinweisen auf Praxisbeispiele besprochen.

Der Beitrag basiert auf dem Wortlaut der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVGVwV) vom 3. Januar 2023.

Diese Vorschrift wird fortlaufend durch den Vorschriftengeber aktualisiert. Es kann also sein, dass es mit der Zeit eine aktuellere BeamtVGVwV gibt.

Die Grundzüge meiner Darstellung dürften sich damit aber nicht ändern.

In Zukunft dürften sich durch Änderungen der BeamtVGVwV eher weitere Details ergeben, in denen Dienstunfälle (nicht) anerkannt werden können.

Diese werde ich – sofern es die Zeit als Anwalt für Beamte zulässt – mit aufnehmen.

Der Beitrag bleibt aber auch dann sinnvoll.

Er enthält wertvolle Links zu den einschlägigen Gesetzen, Verwaltungsvorschriften und relevanter Rechtsprechung.

Die Gliederung hilft – insbesondere Beamtinnen und Beamten – dabei, die Grundzüge eines Dienstunfalls leichter zu verstehen, als wenn sie nur das Gesetz, Verwaltungsvorschriften oder Urteile zu Einzelfällen lesen.

I. Dienstunfall – Rechtsgrundlage

Dienstunfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung des Dienstes eingetreten ist.

Das ist die Definition nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Bundesbeamtengesetz (BBG).

Die Landesbeamtengesetze der Länder, wie z.B. § 34 Abs. 1 Satz 1 Hamburgisches Beamtenversorgungsgesetz (HmbBeamtVG), enthalten in der Regel identisches Formulierungen.

Und Sie ahnen es – um jedes einzelne Wort in diesem Satz können Sie mit Ihrem Dienstherrn streiten.

Und zu fast jedem Wort in diesem Satz gibt es entweder im Gesetz geregelte Ausnahmen oder von der Rechtsprechung entwickelte Fälle, die mal vom Wortlaut erfasst sein sollen und mal nicht.

Da kann es dann sein, dass Sie mit Ihrem reinen Menschenverstand in diese Definition etwas hineininterpretieren, was am Ende rechtlich nicht haltbar ist.

II. Dienstunfall – Die einzelnen Voraussetzungen

In diesem Abschnitt des Beitrags möchte ich mich mit den einzelnen Voraussetzungen des Dienstunfalles beschäftigen.

So können Sie einen Überblick gewinnen und herausfinden, bei welchen Voraussetzungen eines Dienstunfalls es in Ihrem Fall vielleicht zu Problemen kommen kann.

II.1. Dienstunfall – Äußere Einwirkung

Ein Unfall ist ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches Ereignis, das rechtlich wesentlich einen Körperschaden verursacht hat.

Zur äußeren Einwirkung können auch körpereigene, unkoordinierte, unkontrollierte Bewegungen (z. B. Stolpern und Umknicken) sowie Kraftaufwendungen (z. B. Heben oder Schieben schwerer Gegenstände) gehören.

Der Begriff „äußere Einwirkung“ dient der Abgrenzung von „inneren Ursachen“

Äußere Einwirkung und schädigendes Ereignis fallen in der Regel zeitlich zusammen.

Wenn die Anerkennung eines Dienstunfalles abgelehnt wird, weil es an einer äußeren Einwirkung mangeln soll, empfehle ich Ihnen sich mit einem Anwalt für Beamtenrecht zu beraten.

Dann können Sie klären, ob die rechtliche Würdigung des Dienstherrn zutreffend ist oder nicht.

II.2. Dienstunfall – Plötzlich

Als „plötzlich“ ist ein Ereignis anzusehen, wenn es unvermittelt und längstens innerhalb der täglichen Dienstzeit stattgefunden hat. 

Eine Erkrankung infolge längerer schädlicher Einflüsse, denen die Beamtin oder der Beamte im Dienst ausgesetzt war, gilt danach erstmal nicht als Dienstunfall.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt für Berufskrankheiten nach den in § 31 Abs. 3 BeamtVG genannten Voraussetzungen und Fällen als Dienstunfall.

Was Berufskrankheiten sind, wird einem separaten Beitrag behandelt.

II.3. Dienstunfall – örtlich und zeitlich bestimmbar

Das Ereignis muss zeitlich und örtlich bestimmbar sein. Es muss nachgewiesen sein, wann und wo es sich zugetragen hat (vgl. Beschluss des BVerwG vom 19. Januar 2006 – 2 B 46.05 –).

Die Dienstherrn und die Gerichte nehmen dieses Tatbestandsmerkmal sehr genau.

Das ist gegenüber den Beamtinnen und Beamten nicht böse gemeint. Es handelt sich schlicht um die Anwendung des Wortlauts. Dort steht eben „bestimmbar“.

Eine geregelte Ausnahme von diesem Grundsatz können hier wieder die Fälle bilden, die eine Berufskrankheit nach § 31 Abs. 3 BeamtVG darstellen.

II.4. Dienstunfall – Körperschaden

Ein Körperschaden liegt vor, wenn der physische oder psychische Zustand eines Menschen für eine bestimmte Zeit beeinträchtigend verändert ist. 

Es zählen sowohl innere wie äußere Verletzungen, als auch psychische Leiden dazu. 

Auf die Schwere kommt es nicht an.

Es bedarf grundsätzlich der ärztlichen Feststellung mit konkreter Diagnose nach einem anerkannten Diagnoseverschlüsselungssystem. 

Einem Körperschaden steht die Beschädigung oder Zerstörung eines Körperersatzstückes gleich.

Bei Körperschäden, die mit erheblicher zeitlicher Verzögerung auftreten, ist darauf zu achten, dass der Dienstunfall innerhalb der gesetzlich geregelten Fristen angezeigt wird.

In der Praxis gibt es hier sehr häufig Probleme mit posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS).

II.5. Dienstunfall – In Ausübung des Dienstes

In diesem Abschnitt müssen Sie durchhalten.

Hier gibt es ein paar Dinge mehr zu wissen.

Ich habe diesen Abschnitt mit Überschriften gegliedert und hoffe, dass Sie sich so leichter, die für Sie relevanten Punkte finden können.

Im Übrigen lohnt es sich, den Abschnitt ganz zu lesen, weil er in der Praxis sehr relevant ist und Ihnen das Wissen im Bedarfsfall nicht schaden wird.

II.5.1. In Ausübung des Dienstes – Definition

„In Ausübung des Dienstes“ ist ein Unfall nur dann eingetreten, wenn er sich an einem Ort ereignet, an dem die Beamtin oder der Beamte die Dienstleistung zu erbringen hat, sich die Beamtin oder der Beamte zum Unfallzeitpunkt im Dienst befand und das konkrete Unfallrisiko vom Dienstherrn beherrscht wurde (vgl. Urteil des BVerwG vom 17. November 2016 – 2 C 17.16 – (Aufenthalt des Beamten in einem Toilettenraum des Dienstgebäudes)).

II.5.2. In Ausübung des Dienstes – Ausschlussgründe

Die den Unfall auslösende konkrete Tätigkeit darf vom Dienstherrn weder verboten sein noch dessen wohlverstandenen Interessen zuwiderlaufen und auch nicht lediglich eigenen Interessen oder Bedürfnissen dienen (z. B. Raucherpause, Nahrungsaufnahme).

Durch rein eigenwirtschaftliche (persönlich motivierte, private) Tätigkeiten wird der innere Zusammenhang mit dem Dienst grundsätzlich gelöst.

Handelt es sich bei dem Unfallrisiko um ein ausschließlich der Person der Beamtin oder des Beamten zuzuordnendes (z. B. privat in den Dienst eingebrachter Gegenstand), kann ein Dienstunfall nicht anerkannt werden.

Der innere Zusammenhang wird gelöst, wenn die Fähigkeit der Beamtin oder des Beamten zu der ihr oder ihm obliegenden dienstlichen Tätigkeit alkohol- oder drogenbedingt beeinträchtigt ist, so dass die Ausführung der Dienstaufgaben nicht mehr ordnungsgemäß sichergestellt werden kann (Urteil des BVerwG vom 23. Februar 1989 – 2 C 38.86 –, juris; im Internet habe ich den Beschluss leider nicht vollständig veröffentlicht gefunden).

In Bezug auf Drogenkonsum empfehle ich Ihnen die Lektüre meines Beitrags „Cannabis-Legalisierung im Beamtenrecht“.

II.5.3. In Ausübung des Dienstes – Dienstsport

Bei Teilnahme am Dienstsport handelt es sich um Dienst i. S. d. § 31 Abs. 1 BeamtVG.

Dienstsport ist angeordneter und in den Dienstplan einbezogener Sport mit Teilnahmepflicht der Beamtin oder des Beamten. 

Dieser dienstsportpflichtige Personenkreis kann auch bei der Teilnahme an sportlichen Veranstaltungen außerhalb der regelmäßigen Dienstzeit unter Dienstunfallschutz stehen, wenn die Dienststelle z. B. aus personalwirtschaftlichen oder organisatorischen Gründen keinen dienstplanmäßigen Dienstsport durchführen kann oder die Beamtin bzw. der Beamte selbst aus dienstlichen Gründen gehindert ist, am durch Dienstplan festgelegten Sport teilzunehmen. 

Wettkampfmäßiger oder zur Erzielung von Spitzenleistungen ausgeübter Sport ist – auch als dienstliche Veranstaltung i. S. v. § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG – nur dann ausnahmsweise dienstunfallgeschützt, wenn der dienstliche Zweck im Vordergrund steht. 

Die sportliche Betätigung muss materiell und formell dienstbezogen, von der oder dem Dienstvorgesetzten schriftlich oder elektronisch genehmigt oder angeordnet und unter die fachliche Aufsicht einer von der bzw. dem Dienstvorgesetzten bestimmten oder von ihr bzw. ihm benannten, fachlich geeigneten Person gestellt sein.

II.5.4. In Ausübung des Dienstes – Heim- und Telearbeitsplätze

Bei Heim- und Telearbeitsplätzen sowie beim mobilen Arbeiten ist maßgeblich, ob der Unfall umgebungsunabhängig seine wesentliche Ursache in einer Verrichtung hat, die bei objektiver Betrachtung typischerweise zu den Dienstaufgaben des Beamten gehört (Urteil des BVerwG vom 31. Januar 2008 – 2 C 23.06 –).

II.5.5. In Ausübung des Dienstes – Personalrat und andere

Die Tätigkeit einer Beamtin oder eines Beamten als Personalrat sowie als Jugend- und Auszubildendenvertretung ist kein Dienst, aber nach § 12 BPersVG geschützt. 

Entsprechendes gilt für die Vertrauenspersonen der schwerbehinderten Menschen nach Maßgabe der sozialgesetzlichen Regelungen des SGB.

II.5.6. In Ausübung des Dienstes – Tätigkeit außerhalb des Dienstes

Bei einer Tätigkeit außerhalb des regelmäßigen Dienstes müssen besondere Umstände vorliegen, die den Schluss rechtfertigen, dass die Tätigkeit, bei der die Beamtin oder der Beamte den Unfall erlitten hat, im engen Zusammenhang mit den dienstlichen Aufgaben steht.

Vorbereitende Tätigkeiten stehen nicht unter Dienstunfallschutz (Urteil des VG Köln vom 8. Mai 2008 – 15 K 4007/06 –, juris).

Dienstreisen sind die notwendigen Wege zum und vom Bestimmungsort.

Maßgeblich ist grundsätzlich die jeweilige Dienstreiseanordnung und -genehmigung.

Für die Gewährung von Unfallschutz reicht es nicht aus, dass Reisekosten erstattet werden.

Der gesamte Aufenthalt am Bestimmungsort ist zwar ursächlich bedingt durch das Dienstverhältnis, dennoch steht dadurch nicht zwangsläufig jede Tätigkeit der Beamtin oder des Beamten auch in innerem Zusammenhang mit dem Dienst.

Eine Tätigkeit im Rahmen eines dienstlich bedingten Aufenthaltes am Bestimmungsort ist dann dienstunfallgeschützt, wenn sie unmittelbar dem Zweck der Dienstreise entspricht (= dienstliche Tätigkeit am Bestimmungsort).

Mit dieser Tätigkeit rechtlich wesentlich zusammenhängende Wege am Bestimmungsort gehören dazu (Urteil des BVerwG vom 10. Dezember 2013 – 2 C 7.12 –).

II.5.7. In Ausübung des Dienstes – Dienstliche Veranstaltungen

Dienstliche Veranstaltungen sind solche, die die Dienststelle durchführt oder durchführen lässt, die in einem inneren Zusammenhang mit dem Dienst stehen, dienstlichen Interessen dienen und durch organisatorische Maßnahmen personeller und sachlicher Art in den weisungsgebundenen Dienstbereich einbezogen sind (formelle und materielle Dienstbezogenheit).

Die Teilnahme an einer solchen Veranstaltung muss ausschlaggebend der Bewältigung der eigentlichen dienstlichen Aufgaben dienen.

Auf eine Verpflichtung des Einzelnen zur Teilnahme kommt es jedoch nicht an.

Bei der Teilnahme an Aus- und Fortbildungsveranstaltungen ist Unfallschutz abhängig von dem ausschließlichen dienstlichen Interesse an einer Teilnahme.

Dieses dienstliche Interesse ist nach der BeamtVGVwV vor Beginn der Veranstaltung in jedem Einzelfall durch die Dienstvorgesetzte oder den Dienstvorgesetzten schriftlich oder elektronisch festzustellen.

Der letzte Punkt steht zwar so in der BeamtVGVwV, wird aber nach meinem Eindruck in der Praxis in manchen Fällen etwas locker gehandhabt, als es der Wortlaut vermuten lässt.

Beamtinnen und Beamte, bei denen ein Dienstunfall abgelehnt wird, weil das dienstliche Interesse nicht im Einzelfall festgestellt wurde, sollten im Zweifel einen Rechtsbehelf oder ein Rechtsmittel erheben.

Es kann nämlich sein, dass ein dienstliches Interesse aufgrund einer Arbeitsüberlastung des Dienstvorgesetzten nicht festgestellt wurde, aber hätte müssen.

Dann wäre nach meiner Auffassung nach dem auch im Verwaltungsrecht verankerten Grundsatz von Treu und Glauben, die Beamtin oder der Beamte so zu stellen, wie wenn das dienstliche Interesse festgestellt worden wäre.

Auf der Wegstrecke von und zu einer dienstlichen Veranstaltung ist die Beamtin oder der Beamte dienstunfallgeschützt.

Die Ausübung einer Nebentätigkeit ist nur dann Dienstausübung, wenn sie im engen Zusammenhang mit der Wahrnehmung des Hauptamtes steht und von der Beamtin oder dem Beamten im überwiegenden Interesse des Dienstherrn im öffentlichen Dienst oder in dem ihm gleichgestellten Dienst ausgeübt wird.

Maßgeblich ist das jeweils geltende Nebentätigkeitsrecht.

Ehrenamtliche Tätigkeiten sind keine Nebentätigkeiten und somit nicht dienstunfallgeschützt.

Für Ehrenbeamtinnen oder Ehrenbeamte richtet sich die Unfallfürsorge nach § 68 BeamtVG.

II.6. Dienstunfall – Wegeunfälle

Der Gesetzgeber hat bei Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten auch Wegeunfälle als Dienstunfall anerkannt.

Die Rechtsgrundlage findet sich in § 31 Abs. 2 BeamtVG.

Gleichlautende Vorschriften finden sich in den Versorgungsgesetzen der Länder, wie z.B. § 34 Abs. 2 HmbBeamtVG.

Für rechtlich Interessierte: Der Wegeunfall konkretisiert die Voraussetzung für einen Dienstunfall „in Ausübung des Dienstes“.

Damit fällt das Zurücklegen des direkten Weges von und zur Dienststelle in den geregelten Fällen in den Schutzbereich eines anzuerkennenden Dienstunfalles.

§ 31 Abs. 2 BeamtVG (Stand: Oktober 2024) lautet:

„Als Dienst gilt auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges zu und von der Dienststelle.

Hat der Beamte wegen der Entfernung seiner ständigen Familienwohnung vom Dienstort an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft, so gilt Satz 1 auch für den Weg zwischen der Familienwohnung und der Dienststelle. Der Zusammenhang mit dem Dienst gilt als nicht unterbrochen, wenn der Beamte

  1. von dem unmittelbaren Weg zwischen der Wohnung und der Dienststelle in vertretbarem Umfang abweicht,
    • a) um ein eigenes Kind, für das ihm dem Grunde nach Kindergeld zusteht, wegen seiner eigenen Berufstätigkeit oder der Berufstätigkeit seines Ehegatten in fremde Obhut zu geben oder aus fremder Obhut abzuholen oder
    • b) weil er mit anderen berufstätigen oder in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personen gemeinsam ein Fahrzeug für den Weg zu und von der Dienststelle benutzt, oder
  2. in seiner Wohnung Dienst leistet und Wege zurücklegt, um ein Kind im Sinne des Satzes 3 Nummer 1 Buchstabe a in fremde Obhut zu geben oder aus fremder Obhut abzuholen.

Ein Unfall, den der Verletzte bei Durchführung des Heilverfahrens (§ 33) oder auf einem hierzu notwendigen Wege erleidet, gilt als Folge eines Dienstunfalles.“

Ein geschützter direkter Weg von und zur Dienststelle liegt vor, wenn er in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit dem Dienst steht.

Dies ist dann der Fall, wenn der Weg zurückgelegt werden muss, um den Dienst aufnehmen bzw. nach Dienstende in den privaten Bereich zurückkehren zu können („innerer Zusammenhang“).

Darüber hinaus muss sich eine rechtlich wesentlich mit der Wegstrecke zusammenhängende Gefahr realisiert haben.

Diese Gefahr darf nicht ursächlich auf private oder allgemeine Umstände zurückzuführen sein.

Sie muss vielmehr notwendigerweise dem zurückgelegten Weg eigentümlich gewesen sein.

Der direkte Weg muss nicht der kürzeste Weg sein.

Direkter Weg kann auch die verkehrstechnisch günstigste Strecke oder die Route des genutzten öffentlichen Verkehrsmittels sein.

Der Weg von und zur Dienststelle beginnt und endet grundsätzlich mit dem Durchschreiten der (Außen-)Haustür.

Der Aufenthalt in einer Garage oder einem Carport ist in der Regel nicht dienstunfallgeschützt.

Der innere Zusammenhang mit dem Dienst wird grundsätzlich unterbrochen durch Abwege, Umwege oder Unterbrechungen.

Abweg ist ein Weg, der aus eigenwirtschaftlichen (persönlich motivierten, privaten) Gründen vom Ziel weg oder über das Ziel hinausführt.

Umweg ist ein Weg, der zwar in Richtung des endgültigen Zieles führt, jedoch nicht der direkte Weg ist und den direkten Weg erheblich verlängert sowie aus eigenwirtschaftlichen Gründen gewählt wird.

Unterbrechungen sind eigenwirtschaftliche (persönlich motivierte, private) Handlungen, die in das Zurücklegen des direkten Weges eingeschoben werden.

Während dieser Unterbrechungen besteht kein Unfallschutz, es sei denn, sie sind lediglich geringfügig oder kurzfristig (die private Tätigkeit wird „im Vorbeigehen“ miterledigt, z. B. Kauf einer Zeitung am Wegesrand).

Keine geringfügige Unterbrechung ist das Verlassen des öffentlichen Verkehrsraumes (Fläche des gesamten öffentlichen Straßengeländes).

Wird im Anschluss an einen Abweg, Umweg oder eine Unterbrechung der direkte Weg fortgesetzt, besteht Unfallschutz mit dem Wiedererreichen des öffentlichen Verkehrsraumes.

Eine endgültige Lösung vom Dienst tritt ein, wenn die Unterbrechung auf dem Weg von oder zur Dienststelle zwei Stunden übersteigt.

Der Weg von und zur Dienststelle muss nicht notwendigerweise von der Wohnung aus angetreten werden oder dort enden.

Ausgangs- und Zielpunkt des Weges von und zur Dienststelle kann auch ein anderer Ort sein, wenn sich die Beamtin oder der Beamte dort mindestens zwei Stunden aufgehalten hat oder aufhalten wollte.

Der Weg von und zur Dienststelle beginnt oder endet in diesen Fällen am sog. „dritten Ort“, sofern die Zurücklegung des Weges in innerem Zusammenhang mit dem Dienst steht.

Der Weg von oder zum „dritten Ort“ ist nur dann unfallgeschützt, wenn er hinsichtlich Länge und Dauer in einem angemessenen Verhältnis zu dem unmittelbaren Weg von und zur Dienststelle steht und das Unfallrisiko dadurch nicht erhöht wird.

Als ständige Familienwohnung ist die Wohnung anzusehen, die den Lebensmittelpunkt der Beamtin oder des Beamten bildet.

Bei verheirateten Beamtinnen oder Beamten ist dies regelmäßig die eheliche Wohnung.

Anhaltspunkte für das Vorliegen einer ständigen Familienwohnung sind z. B. regelmäßiges Aufsuchen, eigenes Zimmer dort, eigene Möbel, gesellschaftliche Aktivitäten in Vereinen, usw.

Eine Meldebescheinigung über den ersten Wohnsitz ist alleine nicht ausschlaggebend.

Geschützt sind neben dem unmittelbaren direkten Weg zwischen Dienststelle und Familienwohnung auch der direkte Weg zwischen Unterkunft am Dienstort und der entfernt liegenden Familienwohnung.

Beim Zurücklegen des Weges von und zur ständigen Familienwohnung bedarf es in diesen Fällen nicht eines unmittelbaren zeitlichen Zusammenhangs mit dem Dienstende oder dem Dienstbeginn.

Wege zur fremden Obhut sind unfallgeschützt; dies gilt auch bei Dienstvereinbarungen über besondere Arbeitsformen (z. B. mobiles Arbeiten und Telearbeit).

Lebt ein Kind nicht im Haushalt der Beamtin oder des Beamten, z. B. bei getrennt lebenden Eltern, muss es sich um das eigene Kind der Beamtin oder des Beamten handeln (vgl. auch § 32 Absatz 1 EStG).

Der Unfallschutz hängt davon ab, dass das Kind mit der Beamtin oder dem Beamten im ersten Grad verwandt ist oder es sich um ein Kind i. S. d. § 63 Absatz 1 EStG handelt, das im Haushalt der Beamtin oder des Beamten lebt.

Die Notwendigkeit, sein Kind fremder Obhut anzuvertrauen, ergibt sich auch dann, wenn der nichtberufstätige Ehegatte zur Versorgung des Kindes nicht in der Lage ist oder das Kind aus besonderen Gründen (z. B. wegen Behinderung) nicht unbeaufsichtigt bleiben kann.

Der Begriff des „Verletzten“ im Sinne des § 31 Abs. 2 Satz 4 BeamtVG wird durch die BeamtVGVwV konkretisiert.

Ein Unfall, den die oder der Verletzte bei der Durchführung des Heilverfahrens oder auf einem hierzu notwendigen Weg erleidet, gilt auch dann als Folge des Dienstunfalls, wenn sich die oder der Verletzte im Ruhestand befindet oder entlassen ist.

II.6. Dienstunfall – Kausalität

Der Unfall muss mit der dienstlichen Tätigkeit in einem rechtlich wesentlichen Ursachenzusammenhang stehen.

In der Juristerei sprechen wir auch von einem Kausalzusammenhang von dienstlicher Tätigkeit und Dienstunfall.

Das Unfallereignis muss den Körpererstschaden (unmittelbar und sofort eingetretener Körperschaden) rechtlich wesentlich verursacht haben. 

Das wichtige am Wort „Körpererstschaden“ ist der Hinweis auf einen Erstschaden.

Ein anerkannter Dienstunfall muss spätere Folgeschäden (aus dem Erstschaden entwickelt oder durch ihn bedingtes neues Ereignis) rechtlich wesentlich verursacht haben.

Hat sich bereits ein bestehender Körperschaden durch das schädigende Ereignis verschlimmert oder ist der Körperschaden hierdurch behandlungsbedürftig geworden, kann es sein, dass der geforderte Ursachenzusammenhang nicht besteht.

Zur Feststellung des Ursachenzusammenhangs kommen zunächst alle Bedingungen in Betracht, die nicht hinweg gedacht werden können, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele. 

Aus diesen Ursachen ist nur diejenige als rechtlich wesentliche Ursache maßgeblich, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt hat. 

Sind mehrere Ursachen in ihrer Bedeutung für den Unfall als annähernd gleichwertig anzusehen und ist mindestens eine von ihnen auf den Dienst zurückzuführen, ist der ursächliche Zusammenhang gegeben (vgl. auch Beschluss des BVerwG vom 20. Februar 1998 – 2 B 81.97 –, juris; im Internet habe ich den Beschluss leider nicht vollständig veröffentlicht gefunden).

Sog. Gelegenheitsursachen rechtfertigen nicht die Anerkennung als Dienstunfall.

Gelegenheitsursachen sind solche, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht.

Dies gilt insbesondere, wenn die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar war, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkung bedurfte, sondern ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zu demselben Erfolg hätte führen können.

Ein Dienstunfall ist i. d. R. ebenfalls nicht anzuerkennen, wenn zwar ein äußeres Ereignis einen Körperschaden verursacht hat (z. B. Sturz mit Fraktur), wesentliche Ursache hierfür aber eine innere, körpereigene Ursache war, z. B. ein Herzinfarkt oder eine Kreislaufschwäche.

Zu den Ausnahmen vgl. Urteil des BVerwG vom 30. Juni 1988 – 2 C 3/88 – juris, im Internet habe ich den Beschluss leider nicht veröffentlich gefunden.

Bei der Voraussetzung der Kausalität bzw. des Ursachenzusammenhangs bei Dienstunfällen gibt es sehr häufig Streit und Auseinandersetzungen.

In gerichtlichen Verfahren kommt es nicht selten auf ein Sachverständigengutachten an.

Wenn Sie als Beamtin oder Beamter bei der Anerkennung eines Dienstunfalls bei dieser Voraussetzung Probleme haben, sollten Sie sich unbedingt anwaltlich beraten und vertreten lassen.

III. Dienstunfall – Berufskrankheit

Die gute Nachricht für Beamtinnen und Beamte ist, dass Berufskrankheiten grundsätzlich als Dienstunfall anerkannt werden können.

Die schlechte Nachricht ist jedoch, dass die Anerkennung einer Berufskrankheit an besondere Voraussetzungen anknüpft.

Das schränkt den Begriff, was eine Berufskrankheit sein kann ein und führt dazu, dass – selbst wenn eine Berufskrankheit vorliegt – sie nicht als Dienstunfall anerkannt werden kann.

Wann eine Berufskrankheit als Dienstunfall gilt, wird in § 31 Abs. 3 BeamtVG geregelt:

„Erkrankt ein Beamter, der wegen der Art seiner dienstlichen Verrichtungen der Gefahr der Erkrankung an einer bestimmten Krankheit besonders ausgesetzt ist, an dieser Krankheit, so gilt die Erkrankung als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat.

Die Erkrankung gilt jedoch stets als Dienstunfall, wenn sie durch gesundheitsschädigende Verhältnisse verursacht worden ist, denen der Beamte am Ort seines dienstlich angeordneten Aufenthalts im Ausland besonders ausgesetzt war.

Als Krankheiten im Sinne des Satzes 1 kommen die in Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten mit den dort bezeichneten Maßgaben in Betracht.

Für die Feststellung einer Krankheit als Dienstunfall sind auch den Versicherungsschutz nach § 2, § 3 oder § 6 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch begründende Tätigkeiten zu berücksichtigen, wenn sie ihrer Art nach geeignet waren, die Krankheit zu verursachen, und die schädigende Einwirkung überwiegend durch dienstliche Verrichtungen nach Satz 1 verursacht worden ist.“

Bei der als Ursache für die Erkrankung in Betracht kommenden Tätigkeit muss es sich um eine dienstliche Tätigkeit gehandelt haben.

Diese dienstliche Tätigkeit muss rechtlich wesentliche Ursache für die Erkrankung gewesen sein.

Bei einer Erkrankung nach § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG ist zunächst erforderlich, dass die Beamtin oder der Beamte nach der Art der dienstlichen Verrichtungen der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt war.

Für den Kausalzusammenhang besteht dann eine gesetzliche Vermutung, die allerdings vom Dienstherrn widerlegt werden kann.

Hierfür trägt der Dienstherr die Beweislast.

Die Beamtin oder der Beamte ist der Gefahr der Erkrankung an einer bestimmten Krankheit besonders ausgesetzt, wenn sie oder er eine Tätigkeit ausübt, die erfahrungsgemäß eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine Erkrankung infolge des Dienstes in sich birgt (besondere Gefährdung).

Die besondere Gefährdung muss für die dienstliche Verrichtung typisch und in erheblich höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung vorhanden sein.

Entscheidend ist die für die dienstliche Verrichtung typische erhöhte Gefährdung und nicht die individuelle Gefährdung der Beamtin oder des Beamten auf Grund ihrer oder seiner Veranlagung.

Bei einer Erkrankung i. S. d. § 31 Abs. 3 Satz 2 BeamtVG bedarf es lediglich der Feststellung, dass die Beamtin oder der Beamte der Gefahr der Erkrankung am Ort des dienstlich angeordneten Auslandsaufenthalts besonders ausgesetzt war.

Bei der Beurteilung, ob eine Beamtin oder ein Beamter am Ort des dienstlich angeordneten Aufenthaltes der Gefahr einer Erkrankung besonders ausgesetzt war, ist eine im Ausland im Vergleich zum Inland gegebene erhöhte Erkrankungsgefahr besonders zu berücksichtigen.

Dienstlich angeordneter Aufenthalt im Ausland kann auch ein vorübergehender Aufenthalt während einer Dienstreise sein.

Als maßgeblicher Zeitpunkt der Erkrankung gilt der Tag der erstmaligen Diagnose einer in der Anlage zur BKV genannten Krankheit.

Eine Behandlungsbedürftigkeit und/oder vorübergehende Dienstunfähigkeit ist nicht erforderlich.

Ist zum Zeitpunkt der erstmaligen Diagnose eine Krankheit nicht in der Anlage zur BKV genannt, kann auch bei späterer Aufnahme dieser Krankheit in die Anlage zur BKV ein Dienstunfall nicht anerkannt werden (vgl. Beschluss des BVerwG vom 23. Februar 1999 – 2 B 88.98 – anscheinend nicht veröffentlicht).

Eine Anerkennung einer Berufskrankheit als Dienstunfall kommt nur in Betracht, wenn

  • eine Krankheit nach der Anlage 1 der BKV mit der weiteren Maßgabe vorliegt, dass eine bestimmte Expositionszeit nachgewiesen ist (z. B. 25 Faserjahre bei Nummer 4104),
  • diese erforderliche Expositionszeit weder im Beamtenverhältnis noch bei einer gesetzlich unfallversicherten Tätigkeit allein zurückgelegt wurde, sondern nur durch Kumulation dieser gefährdenden Tätigkeiten und
  • die insgesamt erforderliche Expositionszeit überwiegend im Beamtenverhältnis zurückgelegt wurde.

Die Voraussetzungen werden bei Berufskrankheiten sehr streng angewandt.

Betroffene Beamtinnen und Beamte, die an einer gelisteten Berufskrankheiten erkrankt sind, wundern sich sehr häufig über die sehr engen Voraussetzungen.

In den Beratungsgesprächen wird dem Gesetzgeber dann vorgeworfen, die Grenzen bewusst eng gesetzt zu haben, um niemals eine Berufskrankheit als Dienstunfall anerkennen zu müssen.

Der Hintergrund der Regelung dürfte sein, dass der Gesetzgeber nur solche Fälle anerkennen wollte, die in einem engen Zusammenhang mit dem Dienst stehen.

So ist z.B. Hautkrebs grundsätzlich als Berufskrankheit gelistet, muss aber nicht deshalb per se als Dienstunfall anerkannt werden. Selbst dann nicht, wenn z.B. ein Polizeibeamter durchgängig im Außendienst tätig gewesen ist.

IV. Dienstunfall – Beispiele

In diesem Abschnitt werde ich Ihnen in Zukunft nach und nach die Beiträge verlinken, in denen ich einzelne Fälle zur Anerkennung von Dienstunfällen bespreche.

V. Was kann ich bei Problemen bei der Anerkennung eines Dienstunfalls tun?

Wenn Sie als Beamtin oder Beamter eine Dienstunfallanzeige gestellt haben, kann es sein, dass der Dienstherr eine Anerkennung als Dienstunfall ablehnt.

Das kann mehrere Gründe haben.

Es kann sein, dass Sie den Dienstunfall nicht präzise genug beschrieben haben.

Oder es kann sein, dass Sie notwendige ärztliche Unterlagen nicht beigefügt haben.

Selbst, wenn Sie die Dienstunfallanzeige fehlehrfrei ausgefüllt haben, kann es sein, dass Ihr Unfall nicht als Dienstunfall anerkannt wird.

Dann empfehle ich Ihnen sich von einem Anwalt für Beamtenrecht beraten und vertreten zu lassen.

Eine anwaltliche Beratung und Vertretung ist grundsätzlich im Verwaltungsverfahren, Widerspruchsverfahren und gerichtlichen Verfahren möglich.

Vereinbaren Sie hierfür in einem ersten Schritt mit Ihrem Experten ein Erstberatungsgespräch.

In diesem Gespräch können Sie grundsätzliche Fragen klären und gemeinsam eine Strategie entwickeln, mit der Sie weiter vorgehen.

Als Anwalt für Beamtinnen und Beamte, berate und vertrete ich bundesweit Fälle im Beamtenrecht.

Sprechen Sie mich bei Bedarf daher gerne an.

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